100 Neue Geschichte. 1. Periode. England. 
Geistlichkeit die Evangelischen zu Tode quälte, und von der Stand¬ 
haftigkeit, mit welcher diese für ihren Glauben starben. Ver¬ 
brannt wurden allein 270 Personen. — Gehaßt von ihren Unter- 
thanen, nicht einmal von ihrem Philipp geliebt, starb Maria nach 
einer fünfjährigen Regierung. 
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94. Elisabeth (1558 — 1603) und Maria Stuart. Jacob I. 
(1603—25). 
Elisabeth, die Tochter Heinrichs VIII. und der Anna Bo- 
leyn, hatte eine höchst traurige Jugend verlebt. Der Haß der 
Katharina von Aragonien gegen die Anna Boleyn war auf die 
Töchter Beider fortgeerbt, und Maria hatte Elisabeth mit glühen¬ 
dem Hasse verfolgt, obgleich diese ihrer Stiesschwester die tiefste 
Ehrerbietung bezeigte: und hätte sich nicht Philipp, der dadurch 
die Liebe des englischen Volks zu gewinnen hoffte, ihrer noch an¬ 
genommen, so hätte Marien nichts abgehalten, sie gleich der Jo¬ 
hanna Gray, hinrichten zu lassen; denn schon war sie in den 
Tower gesetzt. Sobald sie ihre Freiheit wieder erhielt, benutzte 
sie diese, um aufs Land zu gehen, wo sie in stiller Abgeschieden¬ 
heit blos kr Natur und den Wissenschaften lebte. Aber auch 
hier wurde sie einige Jahre unter strenger Aufsicht gehalten; alle 
ihre Freunde wurden von ihr entfernt; ja -sie durfte nicht ein¬ 
mal ohne Erlaubniß und Begleitung ihr Schloß verlassen. Nur 
durch die tiefste Ehrerbietung, die sie ihrer Schwester bezeigte,, 
gelang es ihr, das Mißtrauen derselben zu besiegen und die Er¬ 
laubniß zu erhalten, auf ihrem stillen Landsitze in Freiheit zu 
leben, doch immer nur unter entfernter Aufsicht. Kam sie dann 
und wann nach London, so hatte ihre Schwester ihr auch gewiß 
bittere Kränkungen aufgespart. Sie behandelte sie als eine un¬ 
echte Tochter ihres Vaters und wies ihr immer den Platz hinter 
den Frauen der Herzöge an. 
Jetzt, sobald Elisabeth den Tod ihrer Schwester erfuhr, eilte 
sie mit einem unnennbar frohen Gefühle nach London und wurde 
vom Volke jauchzend empfangen. Als sie in den Tower trat, 
übermannte sie die Erinnerung an die Zeit, die sie in diesem 
düstern Schlosse hatte zubringen müssen. Tief gerührt fiel sie 
aus die Kniee nieder und dankte Gott mit heißen Thränen für 
ihre Errettung aus den Händen ihrer Verfolger. Diese fromme 
Rührung machte ihr Herz unempfindlich für die Gefühle der
	        
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