- 60 —
Oestreich tauschte und Spanien die Anwartschaft auf Parma und
Piacenza erhielt.
3. Karl VI bemühte sich um nichts eifriger, als die in sei¬
nen Ländern (—1723) bereits anerkannte, seiner Tochter die
Nachfolge sichernde Erbfolgeordnung (pragmatische Sanc-
tion) bei den auswärtigen Mächten zur Anerkennung zu bringen
und schlofs deshalb 1725 sogar mit Spanien ein Bündnis. Weil
dadurch die Gefahr einer Wiedervereinigung der habsburgischen
Länder zu drohen schien, traten Frankreich und England mit
Preufsen und dann den übrigen Mächten zu dem Vertrag zu
Herrenhausen zusammen. Als jedoch Preufsen 1727 mit dem
Kaiser durch den Vertrag zu Wusterhausen sich versöhnt
hatte, führten die Unterhandlungen bis 1729 zu dem Resultat,
dafs die meisten Mächte die gewünschte Garantie leisteten.
4. Bedeutender wurde der polnische Successionskrieg.
Nach dem Tode Friedrich Augusts II von Polen und Sachsen
1733 traten als Bewerber um die Krone auf Stanislaus Le-
sczinski und Friedrich August III von Sachsen. Des
letztern nahmen sich Oestreich, Rußland und das deutsche Reich, des
erstem Frankreich, Sardinien und Spanien an. Der darüber
ausbrechende, in Italien und am Rhein ohne bedeutende Taten
geführte Krieg, in dem zum ersten Mal ein rufsisches Heer in
Deutschland erschien, ward 1738 durch den Wiener Frieden
geendet: a) Spanien erhielt für den Infanten Don Carlos
Neapel und Sicilien als eine Secundogenitur, d. h. als stets
den nachgebornen Prinzen zufallendes, nie mit Spanien zu ver¬
einigendes Land, verzichtete aber auf Parma und Piacenza.
b) Sardinien ward durch einige Besitzungen in Oberitalien ver-
gröfsert. c) Stanislaus Lesczinski empfieng Lothringen
mit dem Anfallsrecht an Frankreich; dagegen ward d) F™nz
Stephan v. Lothringen, mit Karls VI Tochter Maria The¬
resia vermählt, durch die Anwartschaft auf das Grofsherzogtum
Toscana, welche sich 1737 (Aussterben der Medici) erfüllte, ent-
scb äicli£rt'
5. In dem mit Rufsland gemeinschaftlich begonnenen Tür¬
kenkrieg 1736—39 verlor Oestreich (Frieden zu Belgrad)
das meiste durch Eugen Errungne wieder, so dafs Donau und
Sau die Grenzen wurden.
§ 75. Das deutsche Reich gieng immer mehr des innern
Zusammenhalts verlustig, da viele Fürstenhäuser durch auswär¬
tige Besitzungen oder fremde Kronen ohnehin auf selbständige
Politik gewiesen waren. Gegen die durch Nachäffung des fran¬
zösischen Beispiels immer mehr steigende Prachtliebe und Un-
sittlichkeit der deutschen Höfe bildet einen woltuenden Gegen¬
satz die Regierung Friedrich Wilhelms I von Preufsen
(1713—40), welcher durch Ausbildung einer tüchtigen Militär¬
macht (Leopold von Dessau) und strenge, sparsame Ver-