Die revolut. Bewegungen im Beginne der Reformation.
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tum Burgund und verzichtete auf seine übrigen Ansprüche
(1529). Auch zwischen Karl und dem Papste fand ein Vergleich
statt. Zu Bologna rourde Karl (1530) vom Papste zum
Kaiser gekrönt. Seitdem hat kein Kaiser mehr vom Papste
sich krönen lassen.
Von Bologna begab sich Karl nach Deutschland, das er seit
neun Jahren nicht betreten hatte.
IV. Die revolutionären Bewegungen im Beginne §
der Reformation.
Die Humanisten. Die von Luther ins Leben gerufene religiöse
Bewegung hatte rasch überwiegenden Anhang namentlich in den gebil-
beten und wohlhabenden Schichten der Bevölkerung gesunden. Ins-
besondere schloß sich ein großer Teil der Humanisten, die schon vorher eine
feindliche Stellung zu der Kirche eingenommen hatten, Luther an. Unter
ihnen ragte der Wittenberger Professor Philipp Melanchthon (d. h.
Schwarzerb) hervor. Er würbe Luthers kräftigste Stütze. In ber Folge
hat er burch bie Einrichtung vieler Schulen in evangelischen Fürstentümern
für bie Verbreitung ber humanistischen Studien mit großem Erfolge ge¬
wirkt (daher sein Ehrentitel praeceptor Germaniae, Lehrer Deutschlands).
Der Lehre Luthers von der freien Schriftauslegung und
von der Freiheit des Christenmenschen wurde von manchen eine
schrankenlose, willkürliche oder mißverstandene Auslegung ge-
geben. So trug sie mit dazu bei, daß die große Unzufriedenheit
einzelner Stände zu revolutionären Bewegungen führte, die ihre
hauptsächliche Ursache in der wirtschaftlichen und politischen Lage
dieser Bevölkerungsklassen hatten.
1. Tie Wittenberger religiösen Unruhen (1522). Während
Luthers Aufenthalt auf der Wartburg wandte Karlstadt, unterstützt und
beeinflußt von den schwärmerischen Zwickauer Propheten, in Witten-
berg die lutherische Lehre von der freien Auslegung der Heil. Schrift in
der umfassendsten Weise an; er spendete das Abendmahl ohne weitere
Vorbereitung unb zerstörte Heiligenbilber unb Altäre, da bie Schrift keinen
Bilberbienst kenne. Über diesen Unfug erzürnt, eilte Luther von feiner
sicheren Zufluchtsstätte herbei und brachte durch die Gewalt seiner Pre-
digten die „Sakramentierer" und „Schwarmgeister" zur Ruhe (1522).
2. Die Erhebung der Reichsritter (1522—1523). Bei der
schon lange unzufriedenen Reichsritterschaft (s. S. 148) verband
sich der Gedanke der kirchlich-religiösen Neuerung mit politischen
Umsturzplänen. Ihre Führer waren Ulrich von Hutten, der
Vertreter der idealen und nationalen Richtung der Bewegung,