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4. Gleichzeitig erwarb der Kaiser seinem Hause das Erb-
recht auf die böhmischen und ungarischen Lande durch
die Verlobung seines Enkels Ferdinand mit Anna, seiner Enkelin
Marie mit Ludwig, den Kindern K. Wladislaws von Böhmen
und Ungarn (Zusammenkunft in Wien Juli 1515).
Nach dem Tode Ferdinands (Januar 1516) trat Karl I.
die Herrschaft in Spanien, nach dem Maximilians I. (Jan. 1519)
die Nachfolge auch in Burgund und Österreich au.
3. Die Renaissance in Italien.
1. Die Grundlage für die geistige Entwicklung
der neueren Zeit bildet die Renaissance (Humanismus). Sie
ist nicht nur eine Belebung des Wissens vom Altertum, sondern
eine von der Kirche unabhängige Erneuerung der gesamten geistigen
Bildung auf weltlicher und zwar antiker Basis. Sie vollzog
sich zuerst in Italien, hervorgerufen durch die zahlreichen und
großartigen Reste, durch die nie ganz unterbrochene Tradition,
den Stolz auf die römische Zeit als die Glanzperiode der Landes-
geschichte, fand aber dann im ganzen Abendlande Eingang.
2. Die erste Anregung gaben als begeisterte Lobredner des
Altertums Francesco Petrarca (f 1374) und Giovanni
Boccaccio (f 1375); dann trugen Wanderlehrer das Interesse
in weitere Kreise, vor allem Griechen, die zu den großen Eon-
cilien oder auf der Flucht vor den Türken über Venedig nach
Italien kamen, so Manuel Chrysoloras (f 1415) und Cardinal
Bessarion aus Trapeznnt (f 1472). Die Grundlage zu ein-
dringenden Studien schuf dann die eifrige Sammlung und
Aufnahme der antiken Überreste, der Monumente wie
der Manuskripte auch auf deutschem Boden (Poggio). So ent¬
standen das eapitolinische Museum unter Sixtus IV. und große
Bibliotheken (die Vaticana in Rom, die Laurentiana in Florenz
die Marciana in Venedig). Die höchste Blüte erreichte der
Humanismus zwischen 1450 und 1530.
3. Die Humanisten von Beruf, unruhig, ehrgeizig, selbst-
bewußt, unter einander wenig verträglich und doch als große
Genossenschaft sich fühlend, wirkten als Lehrer der Beredsamkeit
an den Universitäten, als Leiter höherer Schulen (Vittorino da
Feltre), als Erzieher in vornehmen Häusern, als Sekretäre und
Oratoren (Diplomaten) an fürstlichen Höfen. So gewannen sie
wirklich das Interesse der Gebildeten, auch der Frauen, standen
aber dem Volke völlig fremd gegenüber.