Full text: Zeittafeln der römischen Geschichte zum Handgebrauch und als Grundlage des Vortrags in höheren Gymnasialklassen mit fortlaufenden Belegen und Auszügen aus den Quellen

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Einleitung. Chorograph. und ethnograph. Uebersicht Italiens. 
Endlich aber erhielt ein grosser Theil von Mittel- und Unteritalien eine neue Bevölkerung in den sabel- 
lischen Völkern,26 die sich durch verschiedene Wanderungen und unter verschiedenen Namen über Picenum, 
Samnium, Campanien, Lucanien und Bruttium ausbreiteten. 
Nachdem diese Wanderungen beendet sind, haben die einzelnen Landschaften folgeñde Bevölkerung: 
(Mittelitalien.) a) JEtruria (oder Tuscia, gr. Tv^Qrjvia) die Etrusci (oder Tusci, gr. Tv^rjvol)]27 
b) Latium die aus der Mischung von Sikelern und Aboriginern entstandenen Latiner;28 
c) Campania die aus Oskern und Samnitern gemischten Campaner;29 
d) Umbria theils die Umbrer theils (längs der Küste) die senonischen Gallier;30 
e) Picenum die sabellischen Picenter;31 
f) Samnium die sabellischen Samniter und die ebenfalls samnitischen Marser, Marruciner, Päligner, 
Vestiner, Hirpiner, Frentaner;32 
26) So sind füglich mit einem gemeinschaftlichen Namen die 
Abkömmlinge der Sabiner zu nennen, besonders auf Grund der Stelle 
Strab. V, 4, 12: Eixoç âè óià tovto xal Zaßikkovg airovç (tovç 
2avv(raç) vtioxoqigtixôîç ano twv yovfwv nçoçayoçtv&rjvai. Die 
V Veranlassung zu den Auswanderungen ward durch das Yer sacrum 
gegeben. Es war nämlich, wie Niebuhr sagt, „ein italischer, gottes¬ 
dienstlicher Brauch, in schweren Kriegsläuften oder Sterbezeiten einen 
heiligen Lenz zu geloben: alle Geburten des Frühlings : nach 20 ver¬ 
flossenen Jahren ward das Yieh geopfert oder gelöst, die Jugend 
auBgesandt; " wie dies Strab. V, 4, 12, Festus s. v. Mamertini und Ver 
sacrum, am vollständigsten aber Dionys. H. I, 16 beschreiben. Ueber 
die einzelnen Wanderungen s. bei den einzelnen Landschaften; hier 
sei nur noch im Allgemeinen bemerkt, dass die sabellischen Yölker 
unter sich in sehr loser Verbindung standen, und dass diese Zer¬ 
splitterung als ein Hauptgrund anzusehen ist, warum sie in den 
Kriegen gegen Rom, welche 343 v. Chr. anfingen, unterlagen. 
27) s. Anm 16. 
28) Dieselben Stellen, welche oben S. 3. Anm. 19 über die 
Aboriginer angeführt worden sind, handeln auch von ihrer Ver¬ 
mischung mit den Sikelern. Der Name Latiner soll nach der 
Mischung von einem Könige Latinus entlehnt sein, s. Dionys. H. 
I, 9 ; Niebuhr jedoch vermuthet, dass er, mit Sikeler gleichbedeutend, 
die ursprünglichen Bewohner bezeichnet habe, und seit der Mischung 
sei der vollständige Name Prisci [et] Latini gewesen (Liv. I, 3. 32), 
mit Weglassung des et, eben so wie man ursprünglich Populus 
Pomamis Qmrites gesagt habe; Prisci sei, wie Casci, als ein Name 
der Aboriginer anzusehn. Nachher sei Latini oder Prisci wieder in 
Gebrauch gekommen. Es wohnten übrigens diese Völker in Flecken, 
welche gern auf Hügeln angelegt wurden (s. Dionys. H. I, 12. Strab. 
V, 3, 2), und 30 solcher Flecken machten wenigstens schon zur Zeit 
der römischen Könige den latinischen Bund aus, an dessen Spitze 
Alba stand. Ausser den Latinern wohnen in Latium in grösserer 
oder geringerer Ausdehnung noch die Aequer, Volsker und Herniker, 
von denen die beiden ersteren gewöhnlich zu dem oskischen, die 
letzteren zu dem sabellischen Volksstamm gerechnet werden. — Noch 
ist hinzuzufügen, dass die Sage von einem Einwandrer Evander, 
aus Palantion in Arkadien, erzählte, welcher Schrift, Sitten- und 
Religionsgebräuche mitbrachte, s. Dionys. H. I, 31 — 33. 40 — 44. 
Liv. I, 5.7. Ovid. Fast. I, 497 — 586. Eine andre erzählte von Aeneas, 
dass er 7 Jahre nach Troja's Zerstörung nach Latium gekommen sei 
und dort Lavinium gegründet habe, von wo aus 30 Jahre später von 
Ascanius (oder Julus) Alba Longa, die Mutterstadt Roms, gegründet 
sein soll, s. Dionys. H. I, 45—90. Liv. I, 1 — 3. 
29) Als die ältesten Bewohner Campaniens sind nach S. 3. 
Anm. 17 die Sikeler oder Oenotrer anzusehn; dann folgen die Osker, 
welchen aber die Etrusker einen Theil der Landschaft entreissen, bis 
die Samniter die Landschaft erobern und ihr den Namen Campanien 
geben. So stellt es Polybius dar, nur dass die Oenotrer unerwähnt 
bleiben, und bei ihm der Cumäer in der Reihe- der Herrscher des 
Landes gedacht wird, welche, obwohl vor den Etruskern im Besitz 
eines Theiles der Landschaft, sie doch nie ganz inne gehabt haben 
mögen, a. Strab. Y, 4, 3: 'Onixobg ycÍQ (fr¡ni xal Avaovag oìxììv 
TT/v %w()av TaVTTjV 7ISQÌ tov KQÍtTfjQCt, tovtouç j' v7io KvflCtítüV, 
ïxeivovg â' ino Jv(ì(irivcov Ixneoeîv' ôlu yàç tt¡v ¿qstr¡v ttsqi- 
fiá/TjTOV ytvtfííha tò ntdíov ' ôiaStxa ôk nóXug èyxotzoixíGoívtciç 
tt]V oiov xt<paXi¡v óvofxáaai Kunvr¡v. Aia dt ttjv TQveprjv sig fxaXa- 
xíav TQccno/utrovç xa&áníQ rrjg nepl tov IláSov /wpaç ^éotrjaav, 
ovTCo xal tavttjç tictq(t/ü)or¡aca Zavvlxaig. Nach der gewöhnlichen 
Annahme erfolgte diese Besitzergreifung durch die Etrusker um 800 
v. Chr., s. Vellcj. Pat. 1, 7, vergi. Dionys. E. VII, 3; nach Cato erst 
471 v. Chr., Vellej. Pat. a. a. O. Die Samniter bemächtigen sich 
Capuas um 420 v. Chr. und von da aus auch des übrigen Campa¬ 
niens , s. Liv. IV, 37 : Peregrina res sed memoria digna traditur eo 
anno facta, Vulturnum, Etruscorum urbem, quae nunc Capua est 
(danach rührt dieser Name, im Widerspruch mit den oben angeführten 
Stellen, von den Samnitern her), ab Samnitibus captam Capuamque ab 
duce eorum Capye, vel, quod propius vero est, a campestri agro appel- 
latam. cepere autem prius bello fatigatis Etruscis in societatem urbis 
agrorumque accepti (dies war 437 geschehen, s. Diod. XII, 31), deinde 
festo die graves somno epulisque incolas veteres novi coloni nocturna 
caede adorti, vgl. VII, 38. XXVIII, 28. Darauf wurde Cumä im J. 417 
erobert, s. ebendas. IV, 44. Trotz dieser Verwandtschaft waren übrigens 
Campaner und Samniter feindlich gegen einander gesinnt, s. Liv. VII, 
38. — Am Silarus wohnten Picenter, /iixqov ànóanaOfià tcSv ¿v 
t(j) liâpia IIixevTÍvojv, s. Strab. V, 4, 13. 
30) s. Anm. 15. Die Umbrer haben von der Landschaft nach 
dem Eindringen der senonischen Gallier nur noch das Gebiet längs 
dem oberen Lauf der Tiber bis zum Nar herab in Besitz; sie sind, 
als die Börner mit ihnen zusammentreffen, nach Niebuhrs Ausdruck 
nur noch ein verklungener grosser Name, weshalb ein kurzer Krieg 
hinreicht sie zu unterwerfen. 
31) S. Strab. V, 4, 2 : 'ilo/urjvrai èx Trjç ZaßCvtjg oi Jftxev- 
Trvoc, ánvxoXánTOV tt¡v ódòv r]yr]gf<fxévov tolg ¿Q/riyéTctig, à(f ' 
ov xal Tovvo/xa * nîxov yào tòv oqviv tovtov ôvo/ndÇovai xal 
V0(J.(Ç0V<nV ylQSWÇ ífQÓV. 
32) Von den Samnitern bezeugen die Abkunft von den Sabinern 
ausser Strabo (V, 3, 1. 4, 12 u. a.) noch Varrò de ling. lat. VII. 
§. 29: ab Sabinis orti Samnites, Festus s. v. Samnites: Samnites ab 
hastis appellati sunt — sive a colle Samnio, ubi ex Sabinis adven¬ 
tantes consederunt, Appian. Samnit. Ill, 4, 5. Auch der Name liefert 
dafür einen Beweis, der in ihrer eignen Sprache Safinim (auf Münzen) 
und griechisch 2avvTxat heisst. Von den übrigen oben genannten 
Völkern ist es nur von den Hirpinern (Strab. V, 4, 12: 'ÍQnr¡vol xav- 
toI Zavvïrau, der Name von ïq7Zoç, welches bei Sabinern und 
Samnitern Wolf bedeutete), den Frentanern (ebendas. V, 4, 2) und 
Hernikern (Serv. zu Aen. VII, 684) bezeugt, dass sie Sabeller sind. 
Die übrigen vier Völker, die Marser, Marruciner, Päligner, Vestiner, 
sind nach Liv. VIII, 29 (Marsi Paelignique et Marrucini, quos, si 
Vestinus attingeretur, omnes habendos hostes) eng verbündet, und 
daher auch wahrscheinlich eines" Stammes. Da nun Ovid, selbst 
Päligner, Fast. III, 95, seine Ahnherren Sabiner nennt, und da ferner 
die Wohnsitze dieser Völker zwischen Sabinern und Samnitern gelegen 
sind: so wird man der Ansicht Niebuhrs, dass auch diese Völker 
sabellisch seien, mit Grund beistimmen können. Ueber die Zeit der 
Einwandrung aller dieser Völker lässt sich nichts bestimmen.
	        
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