Erste Periode. 753—510. Roms Anfänge unter Königen.
J.v. Chr.
753
753—716
J. d. St.
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1 — 38
Den 21. April.1 Die Stadt Roma wird von den Zwillingsbrüdern Romulus und Remus,
den Söhnen des Mars und der Rhea Silvia, auf dem palatinischen Hügel erbaut.2
Romulus der erste König.3 Krieg mit den Sabinern;4 die Städte Cänina, Antemna,
Crustumerium werden unterworfen und ihre Einwohner nach Rom verpflanzt;5 die übrigen
Sabiner vereinigen sich durch Vertrag mit den Römern zu einem "Volke,6 worauf ihr König
Titus Tatius die Herrschaft fünf Jahre mit Romulus theilt.7 Fernere glückliche Kriege des
Romulus mit Fidenä8 und Yeji.9 Erweiterung der Stadt durch Hinzufügung des capito-
linischen und quirinalischen Hügels.10
Er ist der Begründer der Verfassung. Deren Hauptgrundlagen und Bestandtheile :
Vergils Gedichten. Endlich ist noch der Fasti Capitolini zu geden¬
ken, d.h. der Verzeichnisse der jährlichen Consuln, Censoren, Dicta-
toren und Magistri Equitum (fasti consulares) und der Triumphe
(fasti triumphales), welche, in der Regierungszeit des Augustus auf
marmorne Tafeln eingegraben, in nicht unbedeutenden, nach und nach
entdeckten Fragmenten auf uns gekommen sind {Corp. Inscr. Lat.
vol. I). — Von den zahlreichen Compendienschreibern verdient von
Griechen vorzüglich Zonaras genannt zu werden, welcher, obwohl
erst im 12 ten Jahrhundert n. Chr. lebend, für uns von Wichtigkeit
ist, weil er ältere, für uns verloren gegangene Schriftsteller, nament¬
lich meist den Cassius Dio benutzt hat; ferner Diodorus Sicu-
lus (um Chr. Geb.), welcher in seiner ßißXiod-r¡xr¡ iaroqixr¡ auch die
römische Geschichte behandelt. Die fünf Bücher (6 —10), welche
die Königszeit umfassten, sind zwar verloren gegangen, es sind aber
noch Fragmente von ihnen vorhanden. Verfasser lateinischer Com¬
pendien : C. Vellerns Paterculus (1 stes Jahrhundert n. Chr.), historiae
Horn. I. II. (im ersten B. ist eine grosse Lücke von Erbauung der
Stadt bis 168 v. Chr.); L. Annaeus Florus (2tes Jahrhundert n. Chr.),
Upitome de gestis Romanorum; S. Aurelius Victor (4 tes Jahrhundert
n. Chr.), Epitome und de viris illustribus (erstere jedoch auf keinen
Fall dem Victor zugehörig) ; Flavius Eutropius (4 tes Jahrhundert
n. Chr.), breviarium Romanae historiae ad Valentem I. X; Paulus Oro-
sius (um 400 n. Chr.), l. VII historiarum adversus paganos. Auch
aus Valerius Maximus (l stes Jahrhundert n. Chr.), factorum dicto-
rumque memorabilium I. IX, aus C. Flinius Secundus (lstes Jahrhun-
, dert n.Chr.), Naturalis Historiae I. XXXVII, A. Gellius (2 tes Jahr¬
hundert n. Chr.), Noctium Atticarum I. XX, Solinus (3 tes Jahrhundert
n. Chr.), Polyhistor, Censorinus (3tes Jahrhundert n. Chr.), de die
natali, wird Einzelnes angeführt werden. Dazu noch die Fasti consu¬
lares des sog. Anonymus Norisianus, eins der Bestandtheile des
Sammelwerks des Chronographen vom J. 354 n. Chr., und in der
Chronik des Cassiodorus (bis zum J. 519 n. Chr.).
1) Das Jahr 753 v. Chr. als Gründungsjahr Roms ist nach der
Aera des Varrò angesetzt, s. Censorin. c. 21: hoc quodcumque cali-
ginis Varrò discussit et pro cetera sua sagacitate nunc diversarum
civitatium conferens tempora nunc defectus eorumque intervalla retro
dinumerans eruit verum lucemque ostendit, per quam numerus certus
non ^nnorum modo sed et dierum perspici possit. Secundum quam
rationem, nisi fallor, hic annus, cuius velut index et titulus est
Ulpii et Pontiani. consulatus, ab Olympiade prima millesimus est
et quartus decimus ex diebus duntaxat aestivis, quibus agon Olym-
picus celebratur, a Roma autem condita DCCCCXCI et quidem ex
Parilibus, unde urbis anni numerantur. Danach beträgt die Differenz
zwischen der ersten Olympiade und der Gründung Roms (noch nicht
volle) 23 Jahre, letztere ist also Ol. VI, 3 von Varrò angesetzt wor¬
den, vergi. Plut. Rom. 12. Dieser Aera folgten auch Atticus und
Cicero, s. Solin. I, 1, und wenigstens seit Claudius ist sie die aus¬
schliesslich übliche geworden, nachdem dieser Kaiser in ihrem acht¬
hundertsten Jahre die Säcularfeier der Stadt Rom begangen hatte, s.
Censorin. c. 1 vergi. Tac. Ann. XI, 11. Um nach ihr Jahre Roms
auf Jahre der christlichen Aera zurückzuführen, muss man die erstem
natürlich nicht von 753, sondern von 754 abziehen, da beide zusam¬
men immer die Summe 754 geben. Dies ist die Ursache, dass man
zuweilen fälschlich 754 v. Chr. als das Jahr der Gründung angege¬
ben findet. Das Jahr 753 a. u. c. ist folglich 1 v. Chr., das Jahr
754 a. u. c. ist 1 nach Chr.; jenseits dieser Grenze muss man also,
um die Jahre der christlichen Aera zu finden, von den Jahren nach
Erbauung der Stadt immer 753 abziehen. — Ausser der Varronischen
Aera gab es noch mehrere andere, worüber die Hauptstelle Dionys.
I, 71—75 : die gewöhnlichste nächst der Varronischen ist die Catonische,
wonach die Erbauung der Stadt Ol. VII, 1 = 751 angesetzt wird. —
Als Gründungstag wurde der 21. April durch das Fest der Parilia
oder Palilia gefeiert, s. Ovid. Fast. IV, 721 fl.
2) Vergi. S. 4. Anm. 28. S. liv.I, 1 — 7. Dionys. I, 45 — 90.
Plut. Rom. 1—12. Rhea Silvia ist die Tochter des Numitor, des
Sohnes des Procas, eines Abkömmlings des Aeneas; sie gehörte dem¬
nach dem Herrspherhause der Aeneaden an, welche seit Ascanius,
dem Sohne des Aeneas, ihren Sitz in Alba Longa hatten.
3) Die Geschichte seiner Regierung s. Liv. I, 7— 16. Dionys.
H, 1 — 56. Plut. Rom. vergi. Cic. Rep. II, §. 12 —19. Die Dauer
derselben wird überall einstimmig zu 37 Jahren angegeben {Liv. 21.
Dionys. 56 u. a.).
4) Als Veranlassung dazu wird überall der Raub der Sabi¬
nerinnen angegeben, zu dem sich die Römer durch den Mangel
an Frauen und durch die Weigerung der Nachbarn, ihnen ihre Töch¬
ter zu Frauen zu geben (d. h. durch die Verweigerung der incya/nia
oder des ius conubii), gezwungen sehen.
5) Diese drei sabinischen Städte hatten, ungeduldig über die
Zögerung der übrigen Sabiner, ihre Waffen früher nach einander er¬
hoben, wurden aber sämmtlich besiegt; die Einwohner erhielten das
römische Bürgerrecht und in ihre Städte wurden römische Bürger ge¬
schickt, um sich dort anzusiedeln. Der Anführer der Cäninenser, Acco,
wurde von Romulus erschlagen und seine Waffen als spolia opima
dem Jupiter Feretrius dargebracht: ein Fall, der seitdem nicht
öfter als zweimal wiedergekehrt ist. s. Plut. Rom. 16. Indem
Romulus die Besiegten zu römischen Bürgern aufnahm, handelte
er nach einem Grundsatz, der auch nach ihm immer, freilich ver¬
schieden modificiert, beobachtet worden ist und vorzüglich dazu
beigetragen hat, Rom gross zu machen. So gewährten die Siege,
welche Rom über fremde Völker gewann, ihm von selbst die Kraft,
die Früchte derselben zu behaupten. S. Dionys. II, 16: Toiiov
¿¡v eri 'PojjuvXou Ttokirevfxa, o /ucíXioru tovç "EXXrjvccg ùaxeïv
'¿âei, y.QÚTiarov àtcÚvtwv noXiTfvfxÚTwv vnÚQyov, wç ¿fir] -dojfa
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xXrjçov/ovç (iç ctiitccç ànoOTs'XXeiv ¿ni [k'qsl rivi xrjç %(ôotcç xaï
noif.lv anoLXÎaç rrjç 'Pojiitjç ràç xoccTrjiïtioctç, tviaiç (if xai noXi-
Ttiaç [itTCidiSóvctL. Vergi. Tac. Ami. XI, 24. Diese charakteristische
Eigentümlichkeit der römischen Politik spricht sich auch in der
Sage vom Asyl aus, s. Liv. I, 8 u. a.
6) Der Name des vereinigten Volkes ist Quirites (von der
sabinischen Stadt Cures) oder populus Romanus Quiritium (statt populus
Romanus [ei] Quirites, s. S. 4. Anm. 28), s. Liv. I, 13. Dionys. II, 46.
Plutarch. Rom. 19. Fest. s. v. Quirites (p. 254).
7) Er wurde, weil er den Laurentern, deren Gesandte von
Verwandten des Tatius getödtet worden waren, das geforderte Recht
I