§ 38. Italien. 155
türkischen Eroberungen fast zu Grunde. Der große Seeheld Andrea Doria,
der sich Karl V. anschloß, schuf in Genua eine Art Herzogtum. *)
Ganz Toskana außer Sieua und Lucca war unter die Botmäßigkeit
von Florenz gekommen. Sämtliche einflußreiche Familien der Stadt über- Florenz,
ragten die der Medici, die ein großes Bankhaus besaßen. Seit dem
Jahre 1434 war Cosimo de' Medici der tatsächliche Leiter der Stadt.
Festgefügt ward die Macht des neuen Fürstenhauses unter Lorenzo dem
Prächtigen (f 1492), dem Vater des späteren Papstes Leo X. Durch
die eifrige Pflege, die er der Kunst und Wissenschaft zu teil werden ließ,
wurde Florenz, wie es schon der Hauptgeldplatz Europas war, auch der
Brennpunkt des geistigen Lebens in Italien. Nicht lange nach Lorenzos
Hinscheiden wurden jedoch die Medici vertrieben. Es wurde eine Volks-
Herrschaft ausgerichtet, unter der der feurige Dominikanermönch Girolamo
Savonarola den größten Einfluß hatte. Erschüttert von seiner gewaltigen
Rede, folgte das üppige Florenz seinem Rufe, Buße zu thun und ein neues,
sittenstrenges Leben zu führen. Doch währte feine Macht nicht lange. Er
1 wurde an Papst Alexander VI. ausgeliefert, vor ein geistliches Gericht ge¬
stellt und zum Feuertode verurteilt (1498). Schließlich wurde die Herr-
schast der Medici wiederhergestellt.
Weitaus die mächtigste Handelsstadt im Mittelmeergebiete vor den
Eroberungen der Osmanen und der Entdeckung des Seeweges nach Indien
(1498) war die stolze Lagunenstadt Venedig. Als die Türken um sich Venedig,
griffen, schuf es sich zum Ersatz einen bedeutenden Besitz auf dem Festlande,
der außer Veuetieu auch Brescia und Bergamo umfaßte. Als der letzte
ctjprifche König ans dem Hanse Lusiguan gestorben war, wurde seine Witwe,
die schöne Venetianerin Katharina CornZro, von der Heimatstadt an
Kindes Statt angenommen, und die Erwerbung der Insel vorbereitet. Die-
selbe erfolgte im Jahre 1489. — Die Verfassung Venedigs, ursprünglich
„aristokratisch", nahm mehr und mehr „oligarchische" Gestalt an. Der Doge
wurde in die Stellung eines den Staat äußerlich vertretenden Präsidenten
herabgedrückt. Die tatsächliche Regierung übte der „Rat der Zehn" aus;
drei Staatsinquisitoren wachten mit Hilfe einer vorzüglich ausgebildeten
Polizei über die Verfassung.
Unter den oberitalischen Herrschergeschlechtern nahmen die Grafen, dann
Herzöge von Savoyen eine hervorragende Stellung ein. Ihnen gehörte auch Savoyen.
Piemont. Um jene Zeit fand auch der Kirchenstaat seine Ausgestaltung. Der Kirchenstaat.
Den Grundstock desselben bildete die Pippinsche Schenkung. Während der
„babylonischen Verbannung" schien es, als solle alles verloren gehen.
Um so eifriger waren die Päpste seit der Mitte des 15. Jahrhunderts
bemüht, das Abhandengekommene zurückzugewinnen und neue Erwerbungen
zu machen. Sixtus IV. und Jnnocenz VIII. verschmähten es nicht, Kriege
lediglich zu dem Zwecke zu führen, Familienglieder („Nepoten") mit Land
und Leuten auszustatten. Dieser „Nepotismus" überstieg alles Maß unter
Alexander VI. Borgia (—1503).
Julius II., einer der kriegerischsten Päpste, stellte sich an die Spitze
1) Vgl. Schillers Fiesko.