166 Geschichte der alten Welt. * §. 95.
§.95. Salamis. Nun wurde Themistokles der Retter Griechenlands.
Die hellenische, von dem Spartaner Eurybiades befehligte Flotte war indessen
vom Artemision, wo sie mehrere Tage mit Glück gestritten hatte, um das
Vorgebirge Sunion herum in den saronischen Meerbusen gesegelt, wohin ihr
die persische trotz der erlittenen Unfälle durch Stürme und Schiffbrüche noch
dreimal stärkere Seemacht bald nachfolgte. Hier faßten die Peloponnesier, die
nur auf Erhaltung ihres eigenen Landes bedacht waren und darum den Jsthmos
durch eine Mauer befestigt hatten, den Vorsatz, sich zu entfernen und den Kampf
in die Nähe der korinthischen Landenge zu ziehen, um unter den Schutz der
Landmacht zu kommen. Vergebens suchte Themistokles sie von diesem verderb¬
lichen Plane durch Zureden abzubringen und sie zu überzeugen, daß die engen
Gewässer, wo sich die Menge der feindlichen Schiffe nicht entwickeln könnte,
ihnen vortheilhaft seien, daß sie durch ihren Abzug die athenischen Frauen und
Kinder auf Salamis in die Hände der Feinde liefern würden; die Selbstsucht
und niedrige Gesinnung der Spartaner und Korinther widerstand seiner Bered¬
samkeit. Da fand der Athener in seinem überlegenen Geiste einen Ausweg.
Als schon Alles zur Abfahrt bereit war, schickte er in dunkler Nacht einen treuen
Diener an Xerxes und ließ ihm melden, die Hellenen seien uneinig und wollten
wegfahren, er möge sie nicht entweichen lassen, ein rascher Angriff würde ihm
den sichern Sieg verschaffen. Auf diese Botschaft gab Xerxes Befehl, die Insel
und die griechische Flotte einzuschließen. Aristeides, der sich als Verbannter in
Aegina aufhielt, brachte den Landsleuten die Kunde. Dadurch wurde am andern
Tag die denkwürdige Seeschlacht von Salamis herbeigeführt, in welcher die
Griechen einen vollständigen Sieg erlangten. Verzweiflungsvoll sah Xerxes von
einer nahen Felsenhöhe dem Untergang seiner Flotte zu und trat dann, für seine
Rettung besorgt, mit einem Theile seines Heeres schleunig den Rückzug durch
Thessalien, Mekedonien und Thrakien an, wo aber noch Tausende seiner Krieger
dem Hunger, der Kälte unb der Anstrengung erlagen. Ganze Haufen ertranken
im Strymon, dessen Eisdecke, von der Sonne gelockert, zusammenbrach. Selbst
der Mithraswagen mit seinen acht weißen Rossen ging in Thrakien verloren.
Die Spartiaten erkannten dem Eurybiades den Ehrenpreis der Tapferkeit zu,
dem Themistokles aber den Olivenkranz für Weisheit und Geschicklichkeit und
beschenkten ihn mit einem zierlichen Wagen.
Die Seeschlacht von Salamis. Es war am 19. Boedromion (20. September)
des Jahres 480, daß die denkwürdige Seeschlacht von Salamis geliefert wurde. 370 bis
380 hellenische Schiffe stritten gegen eine mehr als doppelt so starke, trefflich gerüstete Kriegs¬
flotte. Nach dem Absingen des Päan, der ringsum von den Felsen widerhallte, gab ein
Trompetenstoß das Zeichen zum Angriff. Der rechte Flügel, wo Eurybiades mit den pelo-
ponnesischen Schiffen aufgestellt war, sollte beginnen. Kaum waren diese aber eine Strecke
hinausgesegelt, so hielten sie plötzlich inne, erschreckt durch das wilde Schlachtgeschrei, das
von den Reihen der Barbaren herüberbrauste, und singen an rückwärts zu rudern, ohne
jedoch die Schiffe zu wenden, am weitesten die Korinther. Da lief auf dem linken Flügel
eine attische Triere, auf welcher Ameinias, des Aeschylos Bruder, den Oberbefehl hatte,
rasch gegen ein phönizisches Schiff an und bohrte den Schnabel so fest in dessen Seite, daß
beide nicht mehr auseinander konnten. Nun kamen die andern Fahrzeuge dem Ameinias zu
Hülfe und die Schlacht wurde allgemein. Den athenischen Schiffen gelang es zuerst, den
Halbkreis der Phönizier zu durchbrechen und die Fahrzeuge zu zerstreuen. Die im Mittel-
treffen aufgestellten Kyprier unb Kiliker hielten eine Zeitlang Stand; als aber der tapfere