244 Geschichte der alten Welt. §. 140,
3. Die Nachfolger Alexanders (Diadochen).
§. 140. Da Alexander keinen regierungsfähigen Erben hinterließ, sondern
nur einen blödsinnigen Bruder (Philipp Arrhidäos) und zwei unmündige Kinder,
wovon das jüngste erst nach des Vaters Tode zur Welt kam, so zerfiel sein
Weltreich eben so schnell wieder, als es erobert worden war. Die angeblichen
Worte des sterbenden Heldenkönigs: „Man wird sehr kriegerische Kampfspiele zu
Ehren meines Todes anstellen", gingen schnell in Erfüllung. Seine Feldherren
rissen nach vielen blutigen und gräuelvollen Kriegen, in denen Alexanders ganzes
Haus zu Grunde ging und alle Bande der Natur aufs schändlichste entheiligt
wurden, die einzelnen Länder an sich und erhoben sie zu selbständigen König¬
reichen. Anfangs hatte der ehrgeizige, herrschsüchtige Perdikkas aus einem Fürsten*
geschlecht der makedonischen Landschaft Orestis, welchem Alexander auf dem
Sterbebett seinen Siegelring Übergeben, das höchste Ansehen und Übernahm,
nachdem er seinen Gegner Meleagros, den Führer des Fußvolks, nebst 300
seiner Genossen bei einer Heerschau zum Zerstampfen unter die Füße der Ele¬
phanten hatte werfen lassen, die Würde eines Reichsverwesers für den „König
Philipp", den schwachsinnigen Bruder Alexanders, und den Knaben, welchen
bald nachher Roxane zur Welt brachte und den das Heer jubelnd als den jungen
König Alexander begrüßte. Als aber Perdikkas in Verbindung mit dem
tapfern und klugen Eumenes, des Königs Geheimschreiber aus der griechischen
Stadt Kardia am Chersones, den Statthalter von Aegypten, Ptolemäos, mit
Krieg überzog, um ihn seines Landes zu berauben, wurde er am Ufer des Nil
von seinen eigenen meuterischen Soldaten ermordet, worauf Antipäter, der
rauhe gestrenge Beherrscher von Makedonien und Griechenland, zum Reichsver¬
weser erhoben wurde und eine neue Ländertheilung vornahm. Während er
selbst mit der Königsfamilie und seinem herrschsüchtigen, leidenschaftlichen Sohn
Kassander im europäischen Stammlande verweilte, erlangte in Asien der streit¬
bare, mit großen Feldherrngaben ausgerüstete Antigönos und sein ritterlicher
Sohn Demetrios, der in der Folge wegen seiner Ueberlegenheit im Belage¬
rungswesen und in der Kriegsbaukunst den Beinamen Poliorketes, d. H.
Städtebelagerer, empfing, die größte Macht. Er suchte den Eumenes, den
standhaften Verfechter der Rechte des alexandrinischen Königshauses, auf seine
Seite zu bringen und führte, als an dem festen, willenskräftigen Mann alle
Verführungskünste scheiterten, einen mehrjährigen Krieg wider denselben, in
welchem aber der „Kardianer" eben so viel Muth als Feldherrntalent entfaltete.
Krateros, der ritterliche Veteranenoberst, den Antigones zu Hülfe gerufen,
verlor Sieg und Leben im heißen Feldstreit gegen den griechischen Heerführer.
Noch war der Krieg zwischen Antigonos und Eumenes nicht zu Ende, als An¬
tipater starb, nachdem er den altersschwachen Polysperchon, einen kleinen
epeirotischen Fürsten, der einst mit Krateros die Veteranen in die Heimath ge¬
führt, zum Nachfolger in der Reichsregentschaft eingesetzt. Ergrimmt über diese
Zurücksetzung, verband sich Antipaters hochfahrender Sohn Kassander mit An¬
tigonos und Ptolemäos, entriß seinem Gegner mit Waffengewalt die Herrschaft
über Makedonien und Griechenland und ließ dann Alexanders leidenschaftliche
Mutter Olympias die unter Polysperchons Reichsverwaltung das Maß ihrer