A. Die Völkerwanderung nnd die Begründung
-es Monotheismus.
L Sieg des Christenthums über das Heidenthum.
1. Die christliche Kirche der ersten Jahrhunderte.
§. 265. Die Römer waren gegen die heidnischen Religionsformen anderer
Völker schr duldsam, wie schon daraus hervorgeht, daß sie nicht blos die
griechische Götterwelt, sondern auch den Cultus und die heiligen Gebräuche des
Orients der Chaldäer, Perser, Aegypter und Syrer, allmählich in
den Kreis der Staatsreligion zogen, so daß das kaiserliche Rom ein wahres
„Pantheon" wurde, wo alle heidnischen Gottheiten in bunter Mischung (Theosyn-
krasie, Synkretismus) Dienst und Verehrung fanden. Da aber das Christen¬
thum keine Verbindung mit dem Heidenthum zuließ, sondern sogleich in strengen
Gegensatz gegen dasselbe trat, die Christen alle Theilnahme an den Festen und
Religionsgebräuchen der Heiden standhaft weigerten, Kriegsdienste und Staats¬
ämter zu vermeiden suchten, den Cultus des vergötterten Kaisers, als des
Genius und Schutzgottes des Reichs verschmähten und sogar im täglichen Ver¬
kehr sich absonderten, so erwachte der Haß des Volks und das Mißtrauen der
Regierenden und es ergingen schwere Verfolgungen über die Christengemeinden,
die gegen die bisherige Sitte aus allen Völkern und Ständen gemischt waren
und sich vermaßen, in zuversichtlichem Vertrauen auf die erlangte Offenbarung,
die Staatsreligion zu verachten und den Gesetzen Trotz zu bieten. Alle unheilbringen¬
den Naturerscheinungen, alle öffentlichen Leiden und Unfälle wurden dem Zorne
der Götter über die Verachtung ihres Dienstes zugeschrieben, und dann schrie
das Volk „die Christen vor die Löwen". Zehn Christenverfolgungen werden
erwähnt, von den Tagen des Nero, da Petrus und Paulus, die Häupter
der „abergläubischen und verderblichen Seete", ihren Tod gefunden haben sollen,
bis ins erste Jahrzehnt des vierten Jahrhunderts, als Diocletian und
Gal er ins die Bekenner des gekreuzigten Christus durch Folter und Beil zum
Opferaltar trieben, die Kirchen niederbrannten und die heiligen Schriften
den Flammen übergaben. Unter Trajan wurde die Verfolgung gemildert,
aber das christliche Bekenntniß als strafwürdiges Verbrechen gegen den Staat
erkannt, wie wir aus den Briefen des Plinius erfahren (§. 252). Selbst der
edle Marc Aurel glaubte den Starrsinn der vermeintlichen Schwärmer ge¬
waltsam brechen zu müssen, ungeachtet nach der Legende einst sein Heer durch
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