§. 628. Die Begründung der neuen Zustände unter Karl V. 93 
den und gleiche bürgerliche Rechte haben, die Bisthümer und Kirchenpfründen aber der 
katholischen Partei verbleiben sollten. Die Bestätigung dieses Friedens war einer der 
Artikel der Wahlcapitulation, die Heinrich von Anjou, und nach bessert heimlicher 
Flucht und darauf erfolgter Absetzung, sein Nachfolger Stephan Bathory von Sie¬ 
benbürgen beschworen. „Aber schon unter dem schwedischen Sigismund in. (§. 626) ver- JfTJ- 
stärkte sich die katholische Partei durch die Lockungen, welche die Krone und die Kirche be- munt m. 
sonders dem hohen Adel zu bieten hatten, während viele Dissidenten unbefriedigt von dem S'. 
gemeinsamen Glaubensbekenntnisse die inneren Streitigkeiten erneuten." Das in Roh¬ 
heit und Barbarei versunkene Volk war dabei wenig betheiligt, daher die Reformation 
hier nicht Quelle einer hohem Cultur und einer erneuerten Staatsverfasfung wurde. 
Sigismunds m. lange und schwache Regierung war für Polen ein Unglück. Der in 
Factionen gespaltene Adel vergaß Gehorsam und Achtung vor dem Gesetze und erwei¬ 
terte seine Privilegien auf Kosten der Krone. Verheerende Kriege wider Schweden, 
Rußland und die Türkei hemmten alle Besserungs- und Bildungsversuche, und was Po¬ 
len im Osten von den Russen gewann (Smolensk, Severien u. a.) war ein geringer Er¬ 
satz für die verlornen Landschaften an der Ostsee, die es den Schweden überlassen mußte. 
§. 628. Ungarn und die österreichischen Staaten. Fand schon unter 
Ferdinand I., der in der letzten Zeit die Verbreitung des neuen Glaubens in seinen Staa- 
ten nicht mehr hinderte, die Reformation viele Anhänger, so wuchs deren Zahl noch be- ^ 
deutend unter dem milden, wohlgesinnten Maximilian II., der dem österreichischen, der miiian'n. 
neuen Lehre besonders zugewandten Adel und den Städten volle Gewissens- und 1564-7e- 
Religionsfreiheit gestattete, unbekümmert um den Groll des Papstes und die 
Verläumdung der Zeloten, die ihn für einen heimlichen Protestanten ausschrieen. Bald 
erhoben sich in Oesterreich, Kärnthen und Steyerrnark protestantische Kirchen. 
Noch rascher war der Fortgang der Reformation in Ungarn, wohin frühe lutherische 
Schriften und Lehren drangen, theils durch Eingeborne, die in Wittenberg studirten, 
theils durch die deutschen Truppen, die Habsburgs Ansprüche aus Ungarns Thron ver¬ 
fochten. Ferdinand, trotz feiner Wahl und Krönung noch im zweifelhaften Besitz des t&27- 
Landes, hütete sich, durch Härte gegen die der neuen Kirche zugewandten Magnaten den 
Anhang seiner Gegner zu vermehren. Er ertheilte dem Adel und den Städten Gewis¬ 
sensfreiheit und kirchliche Rechte, die unter Maximilian noch erweitert wurden. Die 
Deutschen in Ungarn wandten sich größtenteils der Augsburger Confefsion zu; unter 
den Magyaren fand der Calvinismus zahlreiche Anhänger zum großen Nachtheil der 
Eintracht und Ruhe, die ohnehin dem von wilden Parteien zerrissenen und von feind¬ 
lichen Kriegsfchaaren durchzogenen Lande fremd war. — Nach Siebenbürgen wur¬ 
den Luthers Schriften durch Kaufleute aus Hermann stadt von der Leipziger Messe 
gebracht (1521). Nach manchen Verfolgungen erklärten sich alle sächsischen Gemeinden 15-w- 
für die Augsburger Confefsion. Auf dem Landtag von Klausenburg erhielt 1555- 
Siebenbürgen volle Religionsfreiheit. Als diese durch Kaiser Rudolph II. beschränkt ward, 
griff der Fürst von Siebenbürgen, Stephan Botskai, mächtig durch fernen Bund mit 
den Türken, für die Herstellung der politischen und religiösen Freiheit zu den Waffen 
und erhielt den Wiener Frieden, durch welchen für Ungarn und Siebenbürgen die leoe. 
Augsburger und Helvetische Confefsion freigegeben wurden. — In Böhmen überdauer¬ 
ten die Lutheraner und Utraquisten die von Ferdinand verhängte Verfolgung (§. 605). 
Unter Maximilian mehrte sich ihre Zahl und selbst der unter geistlichem Einfluß stehende 
Rudolf II., der in allen seinen Ländern die Evangelischen bedrängte, die Glaubensfrei- 
heit auf den Adel beschränkte und den Gottesdienst gewaltsam unterdrückte, sah sich genö¬ 
thigt, den evangelischen Ständen Böhmens durch den Majestätsbrief Religionsfrei- 111-6^,“11 
heit, Gleichstellung mit den Katholiken und eigene Beschützer (Defensoren) zur 
Wahrung ihrer Rechte zu gestatten (§. 692).
	        
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