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Die Zeit der Gegenreformation.
§. 629. 630.
1621.
1534.
1540.
B. Die Zeit der Gegenreformation.
I. Das katholische Kirchenthum,
a) Der Jesuiten-Orden.
§. 629. Gründung. Jnigo (Ignaz) v. Loyola, der Sohn eines unbe¬
mittelten spanischen Edelmanns aus den Gebirgen der Basken, erhielt bei der helden¬
mütigen Vertheidigung von Pampluna gegen die Franzosen eine schwere Wunde, die
ihn aufs Krankenlager warf. Das Lesen von Heiligengeschichten während einer langen,
schmerzhaften Heilung erzeugte in seinem Innern die Sehnsucht, „wie St. Franciscus
durch der Erde Elend des Himmels Herrlichkeit zu erwerben". In der Kapelle der Heil.
Jungfrau von Montserrat, deren reinem Dienste er als geistlicher Ritter sich weihte,
hängte er Schwert und Dolch auf, umgürtete seine Lenden mit einem Strick und trat eine
Pilgerfahrt nach dem heiligen Lande an. Bettelnd zog er von Ort zu Ort unter Ent¬
sagungen und Kasteiungen, die seinen Körper abzehrten; durch siebenstündiges Gebet
jeden Tag nährte er die Gluth der Andacht und hielt Anfechtungen fern. Nachdem er
auf dem heil. Grab durch inbrünstiges Gebet seine Sehnsucht gestillt, faßte er den Ge¬
danken, der Stifter eines neuen Ordens zu werden. Mit unglaublicher Beharrlichkeit
erwarb er sich in Salamanca, und dann, als ihn die über seinen Bekehrungseifer
besorgte Inquisition hier beunruhigte, in Paris die mangelnde Bildung. Mit dem
größten Eifer trieb er theologische und philosophische Studien, nach deren Beendigung
er mit sechs Genossen auf eine geweihte Hostie schwur, nicht nur den Mönchsgelübden
(Armuth, Keuschheit, Gehorsam) treu zu sein, sondern auch sich von dem Papste das Ziel
ihrer Wirksamkeit bestimmen zu lassen und demselben in unbedingter gläubiger Folgsamkeit
nachzukommen. Im nächsten Jahr ging Ignaz über Spanien, wo er wie ein Heiliger
verehrt ward, nach Italien, um der Übereinkunft gemäß mit seinen Genossen in Venedig
zusammenzutreffen. Durch Bußübungen und Predigten, durch Krankenpflege und Be¬
kehrungen erlangten alle einen großen Ruf, ehe sie sich dem heiligen Vater in Rom zu
Füßen warfen und die Bestätigung ihres neuen Ordens nachsuchten. Nach einigen-
Bedenken willigte Paul III. in ihre Bitte und ertheilte der Gesellschaft Jesu auf
die von ihnen ausgestellte Grundlage seine Genehmigung. Ignatius wurde der erste
Ordensgeneral, aber nicht ihm, sondern seinem klngen Nachfolger, dem Spanier
Lainez (f 1564), verdankt die Gesellschaft Jesu ihre feinberechnete Organisation. Bei
Ignaz hielt die glühende Phantasie den Verstand befangen; in seiner religiösen Auf¬
geregtheit vermochte er nur das Nächste zu erfassen, sein Leben war Krankenpflege,
Kinderlehre und Seelsorge; geistliche Uebungen und Ertödtung aller sinnlichen Triebe
bildeten den Mittelpunkt seines Strebens. Erstarb 1556. Pet. Canisius war der
erste Deutsche im Orden, dessen Zwecke er in Köln und Wien, wo er 1597 starb, eifrig
verfolgte.
§. 630. Verfassung. Die Verfassung des Ordens war militärisch-monarchisch.
Dem Haupte dieser Glaubensritterschaft, dem General in Rom mit seinem
Rath von A s s i st e n t e n , waren die Vorsteher der Provinzen, die P r o v i n z i a l e, unter¬
worfen und von diesen ging wieder, wie beim Heer, eine Reihe von Abstufungen
durch Superiore und Rectoren in genau gegliederter Hierarchie bis zum untersten
Bruder hinab. Gehorsam und strenge Subordination war die Seele des
Bundes. Alle Glieder wurden aufs sorgfältigste überwacht. Die Aufzunehmenden
mußten eine lange und schwere Prüfungszeit bestehen, während welcher die Eigenschaften
und Neigungen eines Jeden genau erforscht wurden, um ihm den geeignetsten Wirkungs¬
kreis anzuweisen. Nur wenige Erwählte gelangten zu der Meisterschaft der Professen,
aus denen die Obern hervorgingen, die Mehrzahl diente als Gehülfen (Coadjutoren),