262 Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts. §. 752. 
§. 752. Die Türken vor Wien. Während dieser ganzen Zeit war 
Kaiser Leopold im Osten seines Reichs beschäftigt. In Ungarn hatten die 
Bedrückungen der Protestanten durch die unter dem Einfluß der Jesuiten stehende 
österreichische Negierung, die Verletzung ständischer Rechte, die Gewaltthätigkeiten 
gegen einige Magnaten und die schweren Einquartierungen gerade in dem Augen¬ 
blicke gefährliche Aufstände erregt, als einige rüstige Großveziere die Eroberungs¬ 
pläne früherer Sultane erneuten und den kriegerischen Geist der Janitscharen wie¬ 
der weckten. Der Fürst von Siebenbürgen ward gezwungen, der Pforte einen 
hohen Tribut zu entrichten, und als der Adel jenes Landes mit österreichischer 
Hülfe das türkische Joch abschütteln wollte, wurde nicht nur Siebenbürgen in 
größere Abhängigkeit gebracht, sondern die Osrnanen besetzten auch ganz Nieder- 
ungarn und wären noch weiter gedrungen, hätte nicht Montecuccoli's glän- 
11664!^' ^nder Sieg bei St. Gotthard an der Raab ihren Laus gehemmt. Die mit 
den Türken abgeschlossene Waffenruhe benutzte die österreichische Regierung, be¬ 
sonders der den Ungarn feindlich gesinnte Minister Lobkowitz. zur allmählichen 
Vernichtung der ungarischen Freiheiten und Rechte. 
1670. Eine von den mächtigsten Edelleuten Ungarns gebildete Verschwörung zur Abwehr 
des von den österreichischen Beamten, Jesuiten und Soldaten geübten Drucks gab dem 
Kaiser die gewünschte Gelegenheit, Ungarns Selbständigkeit zu brechen. Nachdem die 
167L Häupter der Verschworenen tZrinyi. Nadasdy und Frangepan) auf dem Schaffet geblutet, 
erklärte ein kaiserliches Edict, daß die Gewalt des Thrones unumschränkt fei und die 
Ungarn fernerhin eine österreichische Kriegsmacht zu erhalten und die ihnen eigenmächtig 
aufgelegten Steuern zu entrichten hätten. Ein harter, ungerechter Fremdling ward als 
Haupt der neuen despotischen Militärregierung eingesetzt. Protestantische Prediger wur¬ 
den als Ruderknechte verkauft; die Bekenner des Evangeliums, die dem Preise des 
Abfalls, Bifchofsstühlen, Hof - und Staatsämtern widerstanden, ihrer Kirchen, ja ihrer 
Kinder beraubt. 
Aber die Gewaltschritte weckten den Freiheitssinn und den Kriegsmuth der 
Ungarn. Emmerich Tököli, ein thatkräftiger, talentvoller Edelmann, dessen 
1674. Güter eingezogen wurden, entfaltete die Fahne der Empörung. In Kurzem 
stand ihm eine beträchtliche Streitkraft zu Gebote, mit der er das österreichische 
Kriegsvolk aus Ungarn vertrieb. Ludwig XIV. leistete ihm Beistand, und die 
i68i. Pforte, die ihn als zinspflichtigen König von Ungarn anerkannte, trug zu 
1681 seinem Schutz von Neuem den Krieg in das Herz von Oesterreich. Mit einem 
Heere von 200,000 Mann rückte der Großvezier Kara Mustapha sengend 
Juli 1683. und brennend bis vor die Mauern Wiens. Der Hof flüchtete sich nach Linz. 
Oesterreichs Hauptstadt schien verloren. Aber der Heldenmuth der von dem 
entschlossenen Befehlshaber Rüdiger von Staremberg geleiteten Bürger¬ 
schaft und die Ungeschicklichkeit der Osmanen im Belagerungskrieg bewirkten, 
daß Wien sechzig Tage lang allen Angriffen Trotz bot, bis die von Karl von 
Lothringen befehligte Reichsarmee und ein mit derselben vereinigtes polnisches 
i2 --ept ^eet untn* i>em Heldenkönig Johann Sobieski der bedrängten Stadt zu Hülfe 
108). kam. Eine blutige Schlacht unter den Mauern Wiens entschied wider die 
Türken. Sie zogen eilig ab und ließen unermeßliche Beute in den Händen der 
Sieger. Kara Mustapha wurde auf Befehl des Sultans enthauptet, aber das 
Glück der Schlachten blieb bei dem christlichen Heere. Karl von Lothringen 
eroberte eine ungarische Stadt nach der andern, und als endlich auch Ofen,
	        
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