178
VII. Die Romantiker.
5. „Rollt die Fahne denn zusammen,
Die der Freiheit Banner war!
Nicht zum ersten Male wandelt
Diesen Grenzweg ihre Schar,
Nicht zum ersten Male sucht sie
Eine Freistatt in der Fern';
Doch sie zieht nicht arm an Ehre,
Zieht nicht ohne günst'gen Stern.
6. „Der von vor'gen Freiheitskämpfen
Mehr als einer Narben führt,
Heute, da wir alle bluten,
Mina, bliebst du unberührt.
Ganz und heil ist uns der Retter,
Noch verbürgt ist Spaniens Glück.
Schreiten wir getrost hinüber!
Einst noch kehren wir zurück."
7. Mina rafft sich aus vom Steine
(Müde saß er dort und still),
Blickt noch einmal nach den Bergen,
Wo die Sonne sinken will.
Seine Hand, zur Brust gehalten,
Hemmt nicht mehr des Blutes Lauf;
Auf der Bidassoabrücke
Brachen alte Wunden auf.
Iustinus Kerner,
geboren 1786 zu Ludwigsburg, studierte Medizin, 1818—1851 Oberamtsarzt zu
Weinsberg, starb daselbst 1862. (Vgl. Neuland, Teil III, S. 44: Der reichste Fürst;
Teil IV, S. 13: Der Wanderer in der Sägemühle; Teil IV, S. 23: Wanderlied.)
205. Seiner Frau gewidmet.
L
1. Wohl blickt der Himmel tränen- 2. Nacht schien mein Leben, Nacht auf
trübe immer,
Und bang' am Tag, der mich gebar, Ich sah die Sonne untergeh'n,
Er stellte, wärest du nicht, Liebe! Da kämest du, mit mildem Schimmer
Ein Bild von meinem Leben dar. Ein Stern in dieser Nacht zu steh'n.
3. Ein stetes Licht, kein Lichtgefunkel,
Strahlst du, o Stern, mit mildem Schein
Durch der umflorten Augen Dunkel
Mir tief ins kranke Herz hinein.
II.
l.Bin ich auch noch so alt geworden,
Starb doch die junge Liebe nicht,
Und gern, wie in der früh'sten
Jugend,
Seh' ich dir noch ins Angesicht.
2. Ja lieber noch: denn was uns freute
Und was uns schmerzte, liegt nun hier,
Es sind nicht mehr bloß Frühlings-
Züge,
Mein ganzes Leben blickt aus dir.
3. Und wie nach noch so vielen Wettern
Ein Stern in gleichem Lichte scheint,
So blieb dein Aug' das alte, klare,
Hast du's auch oftmals trüb' geweint.