Ludwigs XIV. innere Politik.
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durch andauernde Einquartierung von Soldaten, die „Dragonaden",
suchte man sie mürbe zu machen und zum Übertritt zu zwingen. End¬
lich wurde 1685 das Edikt von Nante-s aufgehoben, die Ausübung 1685.
des protestantischen Gottesdienstes untersagt und die protestantischen
Geistlichen des Landes verwiesen, während den Laien die Auswanderung
verboten wurde. Trotz des Verbots verließen gegen 200 000 Hugenotten
das Land; es waren meist gewerbfleißige Leute, die wichtige Zweige der
französischen Industrie in ihren neuen Wohnsitzen einbürgerten. Sie fan¬
den in England, Holland, der Schweiz und Deutschland Aufnahme; 20 000
bon ihnen ließen sich auf Grund des Edikts von Potsdam zur Zeit des
Großen Kurfürsten und seines Nachfolgers in Brandenburg nieder.
Die Bedrückungen, welche die zurückbleibenden Hugenotten auch
ferner erdulden mußten, hatten den Aufstand der C a m i s a r d e n in gam®(aerben
den Cebennen zur Folge, der während des spanischen Erbfolgekrieges
ausbrach und nur mit Mühe niedergeworfen wurde.
§ 18. Das geistige Leben. Auch das geistige Leben Frankreichs, das
unter Ludwig XIV. einen hohen Aufschwung nahm und ein „goldenes
Zeitalter" erlebte, stand wesentlich unter dem Einfluß des Königs. Die
Dichtung trägt zum größeren Teile den Charakter der Hofdichtung und Dichtung,
steht unter dem Banne der Regel, hinter der die freie Entfaltung der
Persönlichkeit zurücktreten muß. Dies gilt besonders bort der Tragödie;
ihre bedeutendsten Vertreter sind Peter Corneille (1606—1684), der
Dichter des Cid, und Racine (1639—1699), der Dichter des Britanni¬
ens, der Iphigenie und Phädra, der Esther und der Athalie. Der Theore¬
tiker dieser „klassizistischen" Poesie ist Boileau, der in Satiren, Episteln
und Oden Horaz nachzuahmen suchte. Der größte und freieste Dichter der
Zeit ist Molitzre (1622—1673), der Meister des Lustspiels, der in seinen
Dichtungen, den Präcieuses ridicules, dem Tartufe, Misanthrope,
Bourgeois - gentilhomme, den Femmes savantes, dem Avare, dem
Malade imaginaire, die berschiedensten Seiten des menschlichen Charak¬
ters überhaupt und der Gesellschaft seiner Zeit insbesondere darstellte und
berspottete. Neben ihm ist als echter Vertreter des französischen Esprit
der Fabeldichter Lafontaine zu nennen.
Unter den Prosaikern der Zeit ragen Herbor der Bischof Bossuet,Prosa,
ein berühmter Prediger, der Erzieher des Dauphins, für den er eine Über¬
sicht der Weltgeschichte berfaßte und die Klassikerausgaben in usum
Delphini beranstaltete; der Bischof F6nelon, der Erzieher des Enkels
des Königs, des Herzogs bon Burgund, dem er in seinen Aventures de
Neu bauer, Lehrbuch der Geschichte. V. Teil. 16. Aufl. 2