Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Teil 5)

80 Das Zeitalter der Zerstörung des alten Reichs und der Entstehung des neuen deutschen Kaisertum?. 
Versailles. Spät erst erschien Lafayette mit der Nationalgarde, um Ord¬ 
nung zu stiften. In der Nacht wurde ein Mordversuch auf die Königin ge¬ 
macht; am nächsten Tage begab sich die^könialicke Familie auf Lafavettes 
Begehren nach Paris. Es war die d ritte, entscheidende Nied erläge 
der Krone; sie geriet nunmehr in die Abhängigkeit des Pariser Pöbels, 
tfnf ihr jedoch bald auch die Nationalversammlung, die dem König nach 
Paris folgte. 
DieNnttonal. §66. Die Schöpfungen der konstituierenden Versammlung. Die große 
lung. Mehrheit der Nationalversammlung bestand aus Männern, die 
wenig politische Erfahrung besaßen, die aber ganz erfüllt waren von den 
Ideen Rousseaus und die Überzeugung mitbrachten, daß sie berufen seien, 
an der Hand der Theorie eine ideale Verfassung auf rein demokratischer 
Grundlage zu schaffen. Bei weitem der hervorragendste Abgeordnete war 
Mirabeau.der Vertreter von Aix, der Graf Mirabeau, ein Mann, der eine wilde 
und ausschweifende Jugend hinter sich hatte, mehrere Male längere Zeit im 
Gefängnis zugebracht, später u. a. in Berlin sich aufgehalten und ein Buch 
über die Monarchie Friedrichs des Großen verfaßt hatte; er war ein glän¬ 
zender, leidenschaftlicher Redner. Sein Ziel war nicht die Vernichtung der 
königlichen Gewalt, sondern die Herstellung eines Gleichgewichts zwischen 
ihr und der des Parlaments, d. h. die Begründung einer konstitutionLÜen 
Monarchie. Infolgedessen näherte er sich im geheimen der Regierung und 
verfaßte für sie Denkschriften gegen Zahlung hoher Geldsummen, ohne sie 
doch wirklich beeinflussen zu können. 
Die neueBer. Als allgemeine Mensckenreckte erklärte die Nationalversammlung 
das Recht auf Freiheit und Rechtsgleichheit, auf Eigentum, auf Sicherheit 
und das Recht des Widerstandes gegen Unterdrückung. Den Ursprung 
aller Souveränität verlegte sie im Sinne Rousseaus in das Volk. Im 
übrigen folgte man der Lehre Montesquieu^ von der Trennung der Ge¬ 
walten : die gesetzgebende Gew alt übertrug man fast ganz der National¬ 
versammlung; der König erhielt weder das Recht, sie aufzulösen, noch Ge¬ 
setze vorzuschlagen, noch ihre Beschlüsse endgültig zu verwerfen, d. H. kein 
absolutes, sondern nur ein suspensives Veto. 
Die neue Ver- Dem Namen nach übertrug man dafür dem König die ausübende 
waltung. . - 
Gewalt. In Wirklichkeit aber entzog man sie ihm ebenfalls, da man 
nicht nur allen Städten und Landgemeinden, sondern auch den neuge¬ 
schaffenen, nach rein geographischen Gesichtspunkten eingeteilten 83 De¬ 
partements und ihren Unterabteilungen volle Selbstverwaltung gab 
"und bestimmte, daß alle ihre Beamten, ebenso wie dieRlHter, die Offiziere
	        
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