Full text: Deutsche Geschichte bis zum Westfälischen Frieden (Teil 4)

132 Das Zeitalter der religiösen Kämpfe 1519 —1648. 
welche der entstehende moderne Staat einforderte, vorzugsweise auf 
denjenigen Stand abgewälzt wurden, der sich am wenigsten da¬ 
gegen wehren konnte, den Bauernstand; daß ferner, je mehr Geld 
infolge des Steigens der bergmännischen Produktion in Umlauf kam, 
desto mehr die Preise der Waren stiegen, während andererseits 
vielfach hohe Zinsen gefordert wurden und gar mancher durch 
Wucher von Haus und Hof kam. 
Auch auf die niederen Schichten der städtischen Bevöl¬ 
kerung griff die soziale Unzufriedenheit über; sie richtete sich vor¬ 
nehmlich gegen die großen Vermögen, die sich im Besitz mancher 
Handlungshäuser angesammelt hatten, gegen die Verteuerung der 
Waren durch Ringe und Monopole, Wucher und ..Fuggerei". Aber 
hauptsächlich blieb der Bauernstand der Herd der Bewegung. Schon 
Bauern- im 15. Jahrhundert hatten eine Reihe von Aufständen statt* 
ausstände, gefunden; ihnen folgten zu Beginn des 16. Jahrhunderts die Auf¬ 
stände des „Bundschuh" und „armen Konrad" im südwestlichen 
Deutschland. 
Die Ritter- Die Mißstimmung, in der sich gleichzeitig die deutsche Ritter- 
fchaft befand, hatte teils soziale, teils politische Gründe. Von den 
Gründen ihres Verfalls ist bereits früher die Rede gewesen (s. § 79). 
Die Ritter sahen ihre Gegner einerseits in den Städten, deren 
Wohlhabenheit wuchs, während sie selbst zum guten Teil verarmten, 
und denen durch Fehden und Raubanfälle Abbruch zu thun sie für 
ihr gutes Recht hielten; andererseits in den Fürsten, welche ihre 
Freiheit bedrohten und sie sich unterthänig zu machen suchten. Eben 
Sickmgenund jetzt fanden sie einen Führer in Franz von Sickingen, dessen 
Hmten. Besitzungen in der Pfalz lagen, und der eine Zeit lang eine außer¬ 
ordentliche Machtstellung einnahm; der litterarische Verfechter ihrer 
Ideen war Ulrich von Hutten. 
§ 118. Der Fortgang der religiösen Bewegung und das Wormser 
Edikt. Mit beiden Führern des Adels trat jetzt auch Luther, der mehr 
und mehr der Held der Nation wurde, in Beziehungen. Sickingen 
1520. bot ihm seinen Schutz an; mit Hutten, dem ritterlichen Huma¬ 
nisten, führte ihn der gemeinsame Gegensatz gegen Rom zusammen. 
Während dieser in flammenden Streitschriften zum Befreiungskämpfe 
Luthersrefor- gegen die römische Kirche aufforderte, schrieb Luther seine großen 
lmatorische reformatorischen Schriften. Zuerst verfaßte er das Büchlein „an den 
©Christen. ^rip^en Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Bes¬ 
serung", in dem er die drei „Mauern der Romanisten niederlegt", 
ihre Lehren von der Scheidung von Geistlichen und Laien, von dem 
alleinigen Recht des Papstes die Schrift auszulegen und von seiner 
Stellung über den Konzilien. Es folgten das „Präludium von der
	        
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