fullscreen: Ein Hausbuch aus deutscher Dichtung und Prosa für die Zwecke der Frauenbildung

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Uhland. 
8. Ter Wirtin Töchterlein. 
Es zogen drei Bursche wohl über den Rhein, 
Bei einer Frau Wirtin da kehrten sie ein. 
„Frau Wirtin! hat sie gut Bier und Wein? 
Wo hat sie ihr schönes Töchterlein?" 
„Mein Bier und Wein ist frisch und klar, 
Mein Töchterlein liegt auf der Totenbahr'." 
Und als sie traten zur Kammer hinein, 
Da lag sie in einem schwarzen Schrein. 
Der erste, der schlug den Schleier zurück 
Und schaute sie an mit traurigem Blick: 
„Ach! lebtest du noch, du schöne Maid! 
Ich würde dich lieben von dieser Zeit." 
Der zweite deckte den Schleier zu 
Und kehrte sich ab und weinte dazu: 
„Ach! daß du liegst aus der Totenbahr'! 
Ich hab' dich geliebet so manches Jahr." 
Der dritte hob ihn wieder sogleich 
Und küßte sie aus den Mund so bleich: 
„Dich liebt' ich immer, dich lieb' ich noch heut' 
Und werde dich lieben in Ewigkeit." 
9. Taillefer. 
Normannenherzog Wilhelm sprach einmal: 
„Wer singet in meinem Hof und in meinem Saal? 
Wer singet vom Morgen bis in die späte Nacht 
So lieblich, daß mir das Herz im Leibe lacht?" 
Das ist der Taillefer, der so gerne singt 
Im Hose, wann er das Rad am Brunnen schwingt, 
Im Saale, wann er das Feuer schüret und sacht, 
Wann er abends sich legt und wann er morgens erwacht." 
Der Herzog sprach: „Ich hab' einen guten Knecht, 
Den Taillefer; der dienet mir fromm und recht. 
Er treibt mein Rad und schüret mein Feuer gut, 
Und singet so hell; das höhet mir den Mut."
	        
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