Full text: Geschichte des deutschen Volkes

48 Das Amt des Majoröomus in der Familie der Pippiniöen. Das Lehnswesen. §§ 58—59. 
mochte er nicht. Erst seinem Sohne Pippin ist das mehr als 20 Jahre 
spater mit der Einnahme von Narbonne gelungen. 
Hier ist der Ort, der Entstehung des Lehnswesens zu gedenken 
emer Einrichtung im Staate der Germanen, die schon in der ersten fiälft^ 
des 8 Jahrhunderts fast vollständig entwickelt war Zfür bie Se 
Ausbildung nicht bloß des fränkischen Reichs, sondern aller mittelalterlichen 
Staaten entscheidend gewesen ist. Die Gründe der Neubildung sind m suchen 
m dem Auskommen der Minderfreien (§54) und in der Heerverfassuna die 
auf unentgeltlichem Kriegsdienste beruhte. Die Zahl der Minderfreien und 
der Ministerialen wuchs, ihre Stellung ward weniger mißachtet. Der 
Freie hingegen, der aus kleinem Gute saß, verarmte bei den häufigen 
Kriegen, die ihn von Haus und Hof riefen. Kein Wunder, daß die ärmeren 
Freien es oft vorzogen, in eine gewisse Abhängigkeit von den Grund- 
Herren (seniores) zu treten. Und als die Majoresdomus, um die Heeres- 
folge zu vereinfachen, den Grundherrn einen Teil der gräflichen Rechte 
namentlich Ausrüstung unb Führung ihrer Leute, für ihre Güter übertrugen" 
da hatte bald jeder Große ein Gefolge von Leuten, die ihm den Treueid' 
die sogenannte Kommendation, leisteten. Sie heißen Bassen oder Vasallen 
(Amines). Das Gut, das sie bewirtschafteten, war ihnen nur zu Lehen 
(beneficium der Name feudum erst später), d. h. zum Nießbrauch, gewöhn- 
lich auf Lebenszeit, gegeben; unter der Führung der Grundherren übten 
sie wohl die auf dem Grund und Boden haftende Dienstpflicht aus. Solche 
Grundherren waren auch die Karolinger. Indem sie nun als Majoresdomus 
und dann als Könige Krongut und eingezogene kirchliche Güter an ihre 
früheren Standesgenossen verliehen, gewannen sie sich die Aristokratie des 
Reichs und ein stets schlagfertiges Reiterheer. 
§ 59. Kurz vor seinem Tode teilte Karl Martell (f 741) das 
Frankenreich unter seine beiden Söhne Karl mann und Pippin den 
Jüngeren. Der ältere, Karlmann, erhielt die deutschen, Pippin die 
romanischen Lande. Wie mit einem Erbreiche seines Geschlechts verfuhr 
Karl mit dem Frankenreiche: hatte er doch auch die letzten Jahre seines 
Lebens ohne König regiert. Mit Kraft und Umsicht herrschten auch seine 
Söhne. Aber sie hatten viele Kämpfe zu bestehen, so vor allem gegen 
ihren Stiefbruder Grifo, der auch nach der Herrschaft strebte, und gegen 
die Herzöge von Aquitanien, Alamannien und Bayern, die ihnen, wie einst 
ihrem Vater, widerstrebten. Die vielen Gefahren, die ihnen drohten, ver- 
anlaßten sie, noch einmal einen Merovinger, Childerich III., aus den 
Thron zu erheben; in Wirklichkeit freilich herrschten sie an Stelle dieses 
Schattenkönigs auch ferner. Nach längerer Zeit aber (747) entsagte 
Karlmann der Herrschaft und zog sich erst in das Kloster Sorakte unweit 
von Rom, dann nach Monte Cassino zurück. Seitdem stand Pippin der 
Jüngere an der Spitze sämtlicher Franken. 
Er erwarb zunächst die Freundschaft des Papstes. Die Päpste wurden 
in ihrer Stadt Rom, die dem Namen nach dem oströmischen Reiche unter- 
tan blieb und mit ihrer Umgegend einen Teil des Exarchats bildete, in 
Wahrheit aber selbständig war, von den Langobarden hart bedrängt. Herren 
fast des ganzen Italiens (§ 42), trachteten die Langobarden nach dem Be- 
sitze Roms, das die erste Stadt der Halbinsel war und blieb. Selbst als 
sie katholische Christen wurden (§ 43) und in dem Papste ihr geistliches 
Oberhaupt sahen, blieb die Gegnerschaft bestehen. Darum suchte damals 
der Papst Zacharias gegen den Langobardenkönig Aistulf die Franken
	        
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