Heinrich V. 1106—1125.
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(f. §52). Ja, auch die eigene Familie blieb dem Kaiser nicht treu. Sein
ältester Sohn Konrad, den der Vater schon zum König hatte krönen
lassen, ließ sich, während Heinrich auf einem zweiten Zuge in Italien weilte,
dort von der päpstlichen Partei verführen und fiel ab; er war der erste
deutsche König, der dem Papste den Steigbügel hielt. Er starb später
in Italien.
Der Kaiser aber, durch Leiden zu einer hoheitsvollen Milde und Ver- IV-
söhnlichkeit gereift, setzte in seinen letzten Lebensjahren alle Kraft daran, Friedens-
deni von Krieg und Fehde zerrütteten Deutschland den Frieden wiederzugeben.
Er verkündete einen allgemeinen Landfrieden, suchte die Bauern und
das aufblühende Bürgertum in den Städten zu schützen und die Landstraßen
vor Wegelagerern zu sichern und trat dem trotzigen, fehdelustigen Adel ent¬
gegen. Mehr und mehr fand er Anerkennung; nur die Kirche verharrte
in ihrer Feindschaft.
Da mußte es der Kaiser erleben, daß auch sein zweiter Sohn, Hein-
rich, ihm untreu wurde. Er hatte ihn nach Konrads Absetzung zum König
krönen lasten, jedoch erst nachdem er geschworen hatte, nicht vor des Vaters
Ableben nach der Krone zu greifen. Trotzdem verließ ihn im Jahre 1105
sein Sohn, auf die Mißstimmung des niederen Adels und die Bundes¬
genostenschaft der Kirche bauend. Wieder waren es die Städte, die dem
Kaiser treu blieben. Da gelang es dem Sohne durch die schnöde Vor¬
spiegelung, er wolle sich unterwerfen, den Vater zu betrügen; er nahm ihn
verräterisch gefangen und zwang ihn zu Ingelheim der Krone zu ent¬
sagen. Aber der Kaiser entfloh; er begab sich nach Lüttich zu dem ihm
treu gebliebenen Bischof. Der Bürgerkrieg drohte von neuem auszubrechen;
da starb Kaiser Heinrich, erst 56 Jahre alt.
Sein Sarg stand, da er im Banne gestorben war, noch jahrelang auf H06.
ungeweihtem Boden, bis er in dem Dome zu Spei er, der Grabeskirche
der fränkischen Kaiser, die Ruhe fand.
Heinrich V. 1106-1125.
§ 50. Heinrich Y. war ein tatkräftiger, aber auch rücksichtslos harter,
von niemand geliebter Fürst. Mit Hilfe der Kirche war er emporgekommen;
aber die Kirche hat nicht weniger als die Fürsten seine harte Hand verspürt.
Sobald es ihm die deutschen Verhältnisse erlaubten, zog er nach Italien und
ertrotzte von dem Papste die Kaiserkrönung. Bald aber brach ein Kaiser-
Aufstand der deutschen Fürsten aus; ihr Führer war der Herzog Lothar
von Sachsen. Ein neuer Papst verhängte über den Kaiser den Bann. So
wurde Deutschland wiederum von Zwietracht zerrissen.