Full text: Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart (H. 4)

14. Familienfeste und Tod. 
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Das Umsichgreifen der Sozialdemokratie veranlaßte ihn, in wahrhaft 
väterlicher Fürsorge für die Arbeiterbevölkerung im Jahre 1881 die 
Sozialgesetzgebung anzubahnen. Das Krankenversicherungsgesetz 
ordnet die Errichtung von Kassen an, die für den erkrankten Arbeiter 
nicht nur die Kosten der Wiederherstellung, sondern auch teilweisen Ersatz 
für den ausfallenden Arbeitslohn zu leisten haben. Durch das Unfall¬ 
versicherungsgesetz wird der Arbeiter schadlos gehalten, wenn er durch 
einen Unfall bei der Arbeit erwerbsunfähig wird. Für Fabrik- und Gruben¬ 
arbeiter ist dieses Gesetz besonders wohltätig. Ein Jahr nach dem Tode 
des kaiserlichen Arbeiterfreundes kam das Alters- und Jnvaliditäts- 
gesetz zustande. Dieses sichert dem durch Alter und andauernde Krankheit 
erwerbsunfähig gewordenen Arbeiter eine gewisse Rente. Die hierzu not¬ 
wendigen Gelder werden größtenteils von den Arbeitgebern und dem Staate 
aufgebracht. Die Arbeiter selbst haben nur kleine Beiträge beizusteuern. 
14. Familienfeste und Tod. 
Ant 11. Juni 1879 feierte der Kaiser mit seiner Gemahlin die Goldne 
Hochzeit und am 22. März 1887 seinen neunzigsten Geburtstag. Die 
meisten Fürsten Europas brachten dem greisen Helden persönlich ihre 
Glückwünsche dar. Am 9. März 1888 gab er seine Seele in die Hände 
des Schöpfers zurück. Im Mausoleum zu Charlottenburg ruht er bei 
seinen Eltern. Am 7. Januar 1890 folgte ihm seine Gemahlin, Kaiserin 
Augusta, ins Grab. Als eine wahre Mutter der Armen und Kranken 
hat sie ihre Stellung an der Seite ihres erlauchten Gemahls ausgefüllt. 
Der erste Kaiser des neuen Deutschen Reiches war ein frommer und 
demütiger Mann. Nach den größten Erfolgen, nach den herrlichsten Siegen 
gab er nicht sich, sondern Gott die Ehre. Auch erkannte er stets die großen 
Dienste an, die seine Minister und Generale, vor allen Fürst Bismarck 
und Graf Moltke, ihm und dem Vaterlande geleistet hatten. Nach der 
Schlacht bei Sedan dankte er seinen treuen Mitarbeitern an dem großen 
Werke mit folgenden Worten: „Sie, Kriegsminister von Roon, haben unser 
Schwert geschärft, Sie, General von Moltke, haben es geleitet, und Sie, 
Graf Bismarck, haben seit Jahren durch die Leitung der Politik Preußen 
auf seine jetzige Höhe gebracht." 
Der Träger der Kaiserkrone war in seinem Privatleben einfach und 
sparsam, wohlwollend im persönlichen Verkehr. Mittags, wenn die Wacht- 
Parade aufzog, erschien er an dem Eckfenster seines Palais; das Volk wußte 
das, und wer Zeit hatte, ging hin, den Landesvater zu sehen und ihm 
zuzujubeln. Freundlich lächelnd dankte der Greis seinem treuen Volke. 
Unter allen Vorzügen ragt ant meisten die Pflichttreue hervor. 
Pflichttreue ist ein Erbgut des hohenzollernschen Herrscherhauses; dieses 
kostbare Erbgut besaß Kaiser Wilhelm I. in hervorragendem Maße. Be¬ 
zeichnend für diese Pflichttreue ist das berühmt gewordene Wort, das er 
ant Tage vor seinem Tode sprach: „Ich habe jetzt keine Zeit, müde zu sein."
	        
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