17. Kaiser Friedrich in.
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Da befiel ihn im April 1887 eine hartnäckige Halskrankheit, die den
vorzeitigen Tod des starken Helden herbeiführen sollte. Im sonnigen
Süden, zu San Remo an der Küste des Lignrischen Meeres, suchte er
Linderung seiner Leiden.
Aus die Nachricht von dem Hinscheiden seines Vaters kehrte er un¬
verzüglich heim zum winterlichen Norden, zu seinem treuen Volke, dem
er gelobte, Deutschland zum Hort des Friedens zu machen, die Pläne
seines Vaters zum Wohle der arbeitenden Kreise weiter zu fördern, alle
Untertanen ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses mit gleicher
Liebe zu umfassen, weil alle in den Tagen der Gefahr ihre volle Hin¬
gebung bewährt hätten. Die Ausführung seiner Regierungsgrundsätze
mußte er seinem Sohne überlassen; der Tod machte seinem edeln Streben
am 15. Juni 1888 ein Ende.
Kaiser Friedrich war eine stattliche Erscheinung. Hochgewachsen, von
großer körperlicher Gewandtheit, mit blondem Barte und treuen Augen
in dem edelgeformten Angesichte, schritt er einher, Siegfried, dem Helden
der alten Sage, nicht ungleich. Für alles Große und Gute begeistert, war
er ein mächtiger Förderer von Kunst und Wissenschaft. Leutselig im
persönlichen Verkehr, vergab er seiner königlichen Würde nichts.
Von seiner außerordentlichen Herzensgüte sind eine Menge Er¬
zählungen im Munde des Volkes. Am meisten wissen davon die Soldaten
zu berichten, die dienstlich oder außerdienstlich mit ihm in Berührung
kamen, sowie die Bewohner seines Gutsdorfes Bornstedt bei Potsdam.
Am größten und bewunderungswürdigsten war er im Leiden. Keinen
Laut der Klage hörte man aus dem Munde des königlichen Dulders;
wenige Tage vor seinem Tode schrieb er seinem Sohne auf ein Blatt:
„Lerne leiden, ohne zu klagen!"
Schon ist manches Jahr ins Land gegangen, seitdem der Liebling
des deutschen Volkes von seinen Leiden erlöst ist. Aber vielgeliebt
und unvergessen wird er in dem Andenken seines treuen Volkes leben.
In der Friedenskirche zu Potsdam erwartet seine sterbliche Hülle den
Tag der Auferstehung.
An der Villa Zirio, die er in San Remo bewohnte, hat der Ver¬
band deutscher Kriegsveteranen eine Gedenktafel mit folgender Inschrift
anbringen lassen:
Wandrer, der du aus Deutschland herkommst, hemme den Schritt,
Hier der (Drt, wo dein Kaiser Friedrich lebte und litt.
Hörst du, rote welle an welle stöhnend zum Ufer drängt?
Das ist die sehnende Seele Deutschlands, die sein gedenkt.
Kaiserin Friedrich. Seit dem 25. Januar 1858 war Kaiser Friedrich
mit der Prinzessin Viktoria von England vermählt. An ihr hatte er
eine treue, kluge und vielseitig gebildete Lebensgefährtin. Die Tochter
Dahmen, Leitfaden. IV. Neubtg. g