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man noch heute in Thessalien, Böotien, Attika, Lakonien und
Messenien. Die Küstenbewohner trieben Fischfang, Schiffahrt und
Handel; die bewaldeten Gebirge boten dem Jäger reichen Ertrag.
5. Sagenhafte Einwanderungen. Zu diesen eingewanderten
Griechen kamen nach der Sage mehrere fremde Einwanderer hinzu.
So kam aus Unterägypten Kekrops, der in Attika landete, wo er
von dem damaligen Könige aufgenommen wurde und sich mit dessen
Tochter vermählte. Er gründete Athen, führte Gerichte ein, ordnete reli¬
giöse Gebräuche an, beförderte den Ackerbau, erbaute eine feste Burg und
begründete die Sicherheit des nachmaligen athenischen Staates. Aus
Phönizien kam Kadmus nach Böotien. Dieser brachte die Buchstaben¬
schrift, lehrte die Bearbeitung des Erzes und andere Kunstfertigkeiten,
führte einen neuen Gottesdienst ein’ und legte die Burg Kadmea an,
an deren Fuß später die Stadt Theben gegründet wurde. In Argos
landete Danaos aus Ägypten und stiftete ein neues Herrschergeschlecht.
Danaos vermählte seine fünfzig Tochter, dieDanaiden, an ebensoviel
Söhne seines Bruders Ägyptos. Da ihm aber geweissagt worden war,
einer derselben werde ihm Thron und Leben rauben, so befahl er seinen
Töchtern, alle fünfzig Männer in einer Nacht zu ermorden. Sie taten dies;
nur eine verschonte ihren Gatten. Für diesen Frevel mußten sie in der
Unterwelt harte Strafen büßen. Die Nachkommen eines späteren Fremd¬
lings, der aus Phrygien kam, Pelops, Sohn des Tantalos, bemäch¬
tigten sich später der drei Landschaften des Peloponnes (Elis, Argalis
und Lakonien) und gaben diesen Reichen besondere Herrscher. Furchtbar
waren die Schicksale seiner Nachkommen. (Zwischen den beiden Söhnen
des Pelops, Atreus und Thyestes, herrschte unversöhnliche Feindschaft.
Einmal stellte sich Atreus, als hätte er allen Groll gegen Thyestes aus¬
gegeben. Dieser kam ahnungslos in das Haus des Atreus; da ließ
Atreus dem Bruder die zwei geschlachteten Sohne desselben zum Mahle
vorsetzen. Atreus wurde deshalb von dem noch übrigen Sohne des
Thyestes, Ägisthos, ermordet. Die Söhne des Atreus, Agamemnon
und Menelaos, flohen nach Sparta.)
Diese Sagen von alten Einwanderern bekunden, daß den
Griechen die Anfänge höherer Gesittung aus dem Osten gekommen
sind. Auf welchem Wege dies geschehen ist, bleibt zweifelhaft.
Gewöhnlich nimmt man an, daß die Phönizier die Vermittler
gewesen sind.
6. Phönizische Einwirkung. Die Phönizier bewohnten die
Ostküste des Mittelländischen Meeres und zwar den schmalen
Küstensaum, welcher sich zwischen dem Meere und dem Libanon
ausdehnt. Der felsige Boden dieses Landstriches war zum Ackerbau
wenig geeignet, dagegen wies das Meer zur Schiffahrt hin; der
Schiffsbau war durch den Reichtum an Zedernholz erleichtert.
Die Hauptstädte des Landes waren Tyrus und Sidon.