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§ 74. Der Krieg gegen Mithridates und der erste
Bürgerkrieg.
1. Krieg Sullas gegen Mithridates. a) Kaum hatte Rom
den Kamps gegen die Bundesgenossen Beendet, als es die Waffen
gegen einen neuen, gefährlichen Gegner ergreifen mußte. Es war
Mithridates, der König von Pontus, welcher einen großen
Teil Kleinasiens erobert und seinen Kampf gegen Roms Welt¬
herrschaft damit begonnen hatte, daß er an einem Tage alle
in Kleinasien sich aushaltenden Römer oder Italiker ermorden
ließ. Als er dann mit einer Flotte an den Küsten Griechen¬
lands erschienen war, hatte sich ihm auch der größte Teil
Griechenlands angeschlossen. Gegen ihn erhielt Sulla, der sür das
Jahr 87 zum Konsul gewählt worden, den Oberbefehl. Dieser
brach mit einem Heere sofort von Rom auf, noch ehe die Volks¬
versammlung dem Senatsbeschluß ihre Zustimmung erteilt und
und ihn dadurch gültig gemacht hatte. Sulla war ein tüchtiger
Feldherr und Soldat, der sich im Kriege gegen Jugurtha und
gegen die Bundesgenossen ausgezeichnet hatte. Er entstammte
einem altadligen Geschlechte und war ein Anhänger der Senats¬
partei. Daher war er den Proletariern, der Volkspartei, nicht
genehm. Auch die Ritter, deren Haupteinnahmequelle Asien war,
sahen lieber einen anderen, da sie fürchteten, diese Geldquelle zu
verlieren, wenn nach glücklicher Beendigung des Krieges die
Ordnung der Provinz in der Hand ihres Gegners läge. Beide
Parteien vereinigten sich daher und setzten es durch, daß die
Volksversammlung den Senatsbeschluß verwarf und Marius an
Stelle Sullas zum Oberbefehlshaber ernannt wurde. Allein
Sulla fügte sich nicht. Aus Campanien, wo er sich noch befand,
führte er das Heer gegen die Bürgerschaft, nahm Rom ein und
ließ sich zum Konsul ernennen. Die Häupter der gegnerischen
Parteien wurden teils getötet, teils entkamen sie, wie Marius,
der auf der Flucht ergriffen und gefangen gesetzt worden war,
aber aus dem Kerker entwich und sich nach Afrika rettete, wo er
sich eine Zeitlang an der Küste versteckt hielt.
b) Nachdem Sulla in Rom die Ordnung hergestellt hatte,
ging er gegen Mithridates ab (87); drei Jahre lang war er von
Italien abwesend. Doch kaum hatte er den Rücken gewandt, da
bemächtigten sich die Ritter und Proletarier der Stadt. Alsbald
kehrte Marius nach Rom zurück. In einem fünf Tage dauern¬
den Blutbade vernichtete er die Häupter seiner Gegner. Für das
Jahr 86 ließ er sich dann zum Konsul wählen; allein schon am
17. Tage seines Konsulates starb er. Seine Partei, an ihrer
Spitze ber Konsul Cinna, setzte die Gewaltherrschaft über Rom
fort, bis Sulla im Frühjahre 83 zurückkehrte.