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erhebt und veredelt, das war in Athen zu finden. Auch für Aus¬
bildung körperlicher Kraft und Gewandtheit bot sich in Athen reiche
Gelegenheit. Dazu bot Athen mit feinen großen Hafenanlagen viel des
Sehenswerten.
2. Die großen Koste. In Athen drängte sich Fest aus Fest. und alle
größeren Feste waren von mehrtägiger Dauer, staatliche Festtage kamen
allein 60 auf das Jahr. Das größte Fest waren die Panathenäen, das
zur besonderen Verehrung der Schutzgöttin Athene gefeiert wurde (f. S. 27).
Man beging es jährlich, am feierlichsten aber jedes vierte Jahr. Wett¬
kämpfe zu Fuß und zu Roß, Chorreigen, Fackelläufe, Vorträge homerischer
Gesänge, musikalische Ausführungen wechselten sechs Tage lang mit¬
einander ab. Am Schluß der Feier bewegte sich der große Festzug durch
die Hauptstraßen der Stadt zum Heiligtum der Athene aus der Burg. Ein
künstliches, aus Rollen laufendes Schiff, zu dessen Segel man das safran¬
gelbe Gewand benutzte, mit dem man alljährlich das Standbild der
Stadtgöttin schmückte, wurde vom Wind oder durch versteckte Männer
durch die Straßen getrieben. Die hohen Staatsbeamten folgten mit Öl¬
zweigen bekränzt, die übrige Bürgerschaft schloß sich an; die athenische
Jugend ließ es sich nicht nehmen, im vollen Waffenschmuck, teils zu
Fuß, teils zu Pferd oder im Streitwagen den feierlichen Umzug zu
zieren. Den gefälligsten Schmuck des Zuges bildeten die Jungfrauen,
die mit Opfergerät in den Händen sittsam einherschritten.
Der unabsehbare Zug bewegte sich schließlich nach der Akropolis;
vorher, am Aufgang zur Burg, hatte aber das Schiff Halt gemacht;
das Segel wurde abgenommen und nach dem Erechtheion getragen.
Hier wurde auf dem großen Altar vor dem Tempel ein Opfer dar¬
gebracht. Ein reichlicher Schmaus bildete den Abschluß dieses Haupttages
des ganzen Festes, indem das Fleisch von den Opfern an das Volk
verteilt wurde. Der Tag dieses Festzuges galt für den schönsten im
Leben des Atheners.
§ 26. Häusliches Leben der Athener.
1. Das Haus in der Blütezeit (Griechenlands, a) So großartig
die öffentlichen Bauten in Athen waren, in denen der Staat feinen
höchsten Glanz und Reichtum zur Schau stellte, so einfach, ja unan¬
sehnlich waren, wenigstens in der guten Zeit, die Privatgebäude.
Der Hellene war nicht aus behagliches Leben im stillen, traulichen
Familienkreise angewiesen, sondern auf öffentliche Tätigkeit; nicht für
sich, sondern für das ganze Volk, für den Staat sollte er leben; für ihn
schien daher das Haus „nur eine Herberge", eine Wohnung nur für die
Frau zu fein. Auch die reichsten und angesehensten Männer wohnten
nicht in Palästen; ja, es fiel sogar den Fremden auf, wie schlecht Athen
gebaut war, so einfach waren die Häuser und so unregelmäßig standen
sie in den engen, krummen Straßen nebeneinander.