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4. Rudolfs Sorge für den Landfrieden im Reiche. Um
Ordnung und Ruhe im Reiche herzustellen, richtete er den Land¬
frieden auf, indem er die Fehden aufs strengste verbot und
gegen die Raubritter unnachsichtlich vorging, wobei er von
Städten und Fürsten unterstützt wurde. In Thüringen zerstörte
er 66 Raubburgen und ließ 29 Raubritter hinrichten. Auch in
Franken und am Rhein ließ er in einem einzigen Jahre über
70 Burgen niederreißen.
5. Rudolfs Persönlichkeit. Rudolf war von ungewöhn¬
licher Größe, so daß seine Gestalt, wenn er einherschritt, über
das Volk emporragte. Sein Körper war schlank und hager, von
Jugend auf durch Waffenspiel und Kampf geübt und fähig, alle
Anstrengungen zu ertragen; konnte der König doch als Sechzig¬
jähriger es noch wagen, sich in voller Rüstung in den Ritterkampf
zu stürzen.
Körperliche Übung, Mäßigkeit und heiterer Sinn bewahrten
dem König die Leibesfrische bis in die letzten Lebensmonate. Oft
nahm er an frohen Festen teil. Da verschmähte er nicht, in
den frohen Reigen einzutreten, und gern tummelte er sich im
Tanz zum frohen Staunen der Festgenossen. Ein guter Trunk
war ihm als Deutschen willkommen, und die Thüringer erinnerten
sich noch lange, wie er einmal, den Krug schäumenden Bieres in
der Hand, den Bürgern auf der Straße zutrank. Doch blieb er
im Genuß von Speise und Trank immer bescheiden, namentlich
Trunkenheit war ihm verhaßt. Ihm genügte ein einfaches, bürger¬
liches Mahl, wie alle seine Lebensgewohnheiten schlicht und spar¬
sam waren.
Sein gemütliches Wesen und leutseliges Gebaren prägten
sich der Erinnerung des Volkes unauslöschlich ein; von keinem
andern deutschen Kaiser vor ihm blieben so viele Erzählungen im
Umlauf. Man rühmte an ihm auch den kirchlichen Sinn, welcher
sich namentlich dem Dienste der Jungfrau Maria widmete, zu
deren Ehren er den Sabbat hochhielt und ihn nie weder durch
Arbeit noch durch Kriegstaten entweihte.
6. Rudolfs (finde. Rudolfs letzte Bemühungen waren da
rauf gerichtet, seinem einzigen ihn überlebenden Sohn Albrecht
die Krone zuzuwenden. Aber die deutschen Fürsten weigerten sich,
auf des greifen Königs Wünsche einzugehen. Nach einer Fahrt
durch das Elsaß wurde er in Germersheim krank. Im Vorge¬
fühl seines nahen Todes brach er nach Speier auf. Hier schied
1291. Rudolf am 15. Juli 1291 aus diesem Leben und fand neben dem
Grabmale Philipps von Schwaben feine letzte Ruhestätte.
Den meisten Fürsten schien es wirklich bedenklich, die deutsche
Königskrone durch Übertragung vom Vater auf den Sohn in
einem Hause erblich zu machen, deshalb wählten sie nicht den