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an der dem Beschauer zuliegenden Seite mit einem Höhenzuge zu¬
sammenhängt. Aber hier ist der Hals desselben durch einen tief ein¬
gesprengten Graben schluchtenartig durchschnitten. Die steilen Abhänge
des Berges sind von Hochwald und Buschwerk möglichst befreit worden,
damit die Annäherung der Feinde rechtzeitig wahrgenommen werden
kann. Schon der Weg zur Burg stellt dem Feinde manche Hindernisse
entgegen; denn er ist so angelegt, daß er nur für einen Reiter Raum
bietet und vom Wächter auf dem Turme bequem überblickt werden kann.
Rings um die Burg läuft ein breiter, tiefer Graben. Hinter ihm
erhebt sich die Ring- oder äußere Burgmauer, mit großer Sorg¬
falt aus größeren Steinen erbaut, um den Stößen des Mauerbrechers
oder Widders erfolgreich Widerstand leisten zu können. Sie ist von
beträchtlicher Höhe, um das Übersteigen der Mauer unmöglich zu
machen. Breit und oben glatt, können sich die Verteidiger bequem auf
ihr bewegen. Diese werden durch hohe Zinnen vor den Pseilschüssen
der Gegner geschützt, während die Zwischenräume als Schießscharten
dienen. Die Mauer wird überragt von Mauertürmen, durch
welche die Festigkeit derselben erhöht und ihre Verteidigung bedeutend
erleichtert wird.
Gegen die in den Mauern befindlichen Tore, das äußere und
innere, richtet der Feind ganz besonders seinen Angriff; sie sind daher
sehr stark befestigt und meist durch besondere Türme geschützt, die mit¬
einander verbunden sind. Ehe aber der Feind an das Burgtor ge¬
langen kann, muß er erst den Graben überschreiten, da die Zugbrücke,
welche sonst darüber führt, in die Höhe gezogen ist und mit eisernen
Ketten oder dicken Stricken an starken Balken hängt. Sie besteht aus
dicken Eichenbohlen, verdeckt die Türöffnung und bildet so gleichsam
eine zweite Tür. Der Feind muß also, ehe er an das zweite Tor kommen
kann, entweder den Graben ausfüllen oder die hochgezogene Zugbrücke
herabreißen. Wenn dem Feind dies dennoch gelingt und die mit Eisen
beschlagenen Torflügel seinen Stößen nachgeben, so rasselt das Fall-
gitter, aus Eisenstangen oder schweren Balken gefügt, hernieder, er¬
schlägt die in seinem Bereich befindlichen Feinde und schneidet den etwa
schon Eingedrungenen den Rückzug ab. — Erst nach Überwältigung
aller dieser Hindernisse, welche oft Wochen, ja Monate beanspruchen,
vermag der Feind in die Vorburg oder den Zwinger, d. i. der
zwischen äußerer und innerer Burgmauer gelegene Raum, einzudringen.
Der wichtigste Teil der Burg ist aber der Bergfried, der höchste
Turm derselben. Er ist etwas entfernt von den anderen Gebäuden der
Burg errichtet und meist rund, bisweilen auch viereckig. Er heißt
auch Wartturm, denn auf ihm wohnt der Burgwart, der die Pflicht
hat, nach den in der Ferne kommenden Feinden oder nach Gästen aus¬
zuschauen und deren Ankunft dem Burgherrn zu melden.
Die Burg soll aber nicht nur als Festung zu Schutz und Ver¬
teidigung dienen, sondern sie soll auch dem Ritter und seiner Familie,