Full text: Die Alte Welt (Bd. 1)

290 243. König Friedrich der Große von Preußen (1740—1786). 
wachs entstandene Not noch vermehrt worden. Dem Fürsten 
hatte man den wahren Notstand verheimlicht. Als er eines 
Morgens aus der Herzogspitalkirche kam, umringten ihn viele 
bleiche, abgezehrte Menschen mit dem Rufe: „Brot, gnädigster 
Herr, Brot; wir müssen verhungern!" Mit Entsetzen vernahm 
der Fürst die Schilderung der allgemeinen Not. Er gab den 
Weinenden und Flehenden alles Geld, welches er bei sich trug 
und sprach: „Kinder, ihr sollt Brot bekommen und nicht Hungers 
sterben!" Und er hielt Wort. Sogleich ließ er alles noch in 
den Speichern vorhandene Korn unter die Armen austeilen, das 
Wild in den fürstlichen Gehegen erlegen und das Fleisch um 
billigen Preis verkaufen und mit einem Aufwande von 2 Mil¬ 
lionen Gulden Getreide aus Italien kommen. 
Kurfürst Max starb am 30. September 1777. Sein dank¬ 
bares Volk nannte ihn mit Recht den Guten und den Vielgeliebten. 
Mit Max III. erlosch die Ludwigische oder bayerische Linie, und 
es gelangten nun Regenten aus der Rudolfischen oder pfälzischen Linie 
auf den bayerischen Thron. 
243. König Friedrich der Grosse von Preussen 
(1740—1786). 
Friedrich der Grosse war der Sohn des Königs 
Friedrich Wilhelm I. von Preussen. Dieser war ein 
sparsamer, strenger Mann. Er liebte nur das Militär, hasste 
dagegen alle gelehrte Bildung. Sein Sohn aber war ein 
Freund der Wissenschaften, las Bücher und pflegte Musik 
und Malerei. Daher herrschte Unfriede zwischen Vater und 
Sohn, so dass dieser sich zur Flucht nach England entschloss. 
Zwei Freunde, Katt und Keith, waren ihm dazu behilflich. 
Er wurde aber auf der Reise ergriffen und von dem zür¬ 
nenden Vater vor ein Kriegsgericht gestellt. Nur mit Mühe 
konnte die Todesstrafe von ihm abgewendet werden. Katt 
dagegen wurde vor den Augen des Prinzen enthauptet. Später 
söhnten sich jedoch Vater und Sohn miteinander aus. 
Friedrich folgte, 28 Jahre alt, seinem Vater auf dem 
Throne. Gleich nach seinem Regierungsantritte führte er 
einen siegreichen Krieg mit Österreich. Dadurch gewann 
er die Provinz Schlesien (1741). Allein Preussens Macht 
erregte bald die Eifersucht der anderen Staaten. Es bildete 
sich daher eine grosse Verbindung gegen dasselbe. Friedrich 
kämpfte nun 7 Jahre kühn gegen halb Europa und blieb end¬ 
lich Sieger (1763). 
Nachdem Friedrich Preussen vor dem Untergange ge¬ 
rettet hatte, suchte er durch weise Verwaltung das durch den 
Krieg entstandene Elend zu mildern. Er liess Getreide unter 
die Unterthanen austeilen und übergab den Bauern Acker-
	        
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