Full text: Die mittlere und neue Welt (Bd. 2)

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und verpflichtete sich, binnen drei Jahren 5 Milliarden Francs als 
Kriegsentschädigung zu zahlen. Die Räumung Frankreichs von 
deutschen Truppen sollte tm Verhältniß zur Abzahlung dieser Schuld 
erfolgen. Die Festung Belfort, welche von dem Waffenstillstaude 
ausgeschlossen und am 16. Februar übergeben worden war, um eine 
Verlängerung des Waffenstillstandes zu gewiuueu, sollte nach voll¬ 
ständiger Abtragung der Kriegsschuld den Franzosen zurückgegeben 
werden. 
Während des Krieges war auch die politische Einigung 
Deutschlands zu Stande gekommen. Der norddeutsche Bund ward 
durch besondere Verträge mit den vier süddeutschen Staaten zu einem 
deutschen Bunde erweitert, dessen Verfassung mit dem 1. Januar 
1871 in Kraft trat. Auf Anregung des Königs Lndwig^II von 
Barern, welcher alle deutschen Staaten sich anschlössen, nahm 
König Wilhelm von Preußen den Kaisertitel an, und am 
18. Januar erfolgte im Schlosse zu Versailles die Pro-- 
klamieruug des deutschen Kaisertums. 
_ Der neuen Verfassung zufolge bilden die 24 deutschen Staaten einen unauf¬ 
löslichen Bundesstaat. Das Oberhaupt desselben ist der jeweilige König 
von Preußen, welcher den Titel „deutscher Kaiser" führt. Ihm steht die 
völkerrechtliche Vertretung des Reiches zu, der Oberbefehl über das Heer, die Be¬ 
rufung des Bundesrates nnd Reichstages,,, die Ernennung der Reichsbeamten, 
die Verkündigung der Reichsgesetze und die Überwachung ihrer Ausführung. Dic 
einzelnen Staaten üben ihre Souveränetät durch ihre Vertreter im Bundesrate, 
welcher über die in den Reichstag einzubringenden Vorlagen und die von demselben 
gefaßten Beschlüsse entscheidet. Der Reichstag ist frei vom Volke gewählt, wird 
jährlich berufen und hat mit dem Bundesrate die gesetzgebende Gewalt. Im 
Bundesrate ist Preußen durch 17, Baiern durch 6 unter 58 Stimmen vertreten. 
Baiern genießt die Ausnahme von einzelnen Reichssteuern, die selbständige Ver¬ 
waltung seines Heerwesens und seiner Verkehrsanstalten, eine bevorzugte Stellung 
in einigen Ausschüssen und die Stellvertretung Preußens im Vorsitze des 
Bundesrates (vgl. die Verfassung des norddeutschen Bundes S. 227 u. 228). 
II. Frankreich (s .S. 135) von der Tronbesteignng des 
Bourbon Ludwig XIV bis auf die Gegenwart, 1643—1873. 
§ 68. Die Negierung Ludwigs XIV und Ludwigs XV. 
2>ci Ludwig XIV (1643—1715) bei seines Vaters Tod erst 
fünf' Zcchre zählte, so ward seine Mutter Anna (Tochter des Königs 
Philipp IT! von Spanien) mit der Regierung betraut, in Wahrheit 
aber führte dieselbe der von Richelieu empfohlene Kardinal M a- 
zariu. Dieser erregte durch Auflegung neuer Steuern, welche die 
Fortsetzung der Kriege gegen Deutschland (s. S. 124) und Spauieu 
(s S. 147) notwendig machte, allgemeinen Unwillen, den die 
Großen zur Wiedergewinnung der ihnen durch Richelieu entzogenen 
Rechte und die Mitglieder des Parlaments zur Beschränkung der 
königlichen Gewalt zu benutzen suchten. Die Weigramg des Partei:
	        
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