Metadata: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

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7. Einst tritt er voll des Glückes erhöh'ter Freundschaft hin. 
„Ausläuten,“ ruft er, „will ich's, wie hoch beglückt ich bin!“ 
Da keucht ein Bot' ins Zimmer, der's minder spricht als weint: 
„Herr, den du Freund geheißen, verriet dich wie ein — Feind!“ —— 
8. Einst fliegt er, voll des Glückes erhörter Lieb', herein: 
„Mein Glück, mein Glück,“ so ruft er. „muß ausgeläutet sein!“ — 
Da kommt sein blasser Kanzler und murmelt bang und scheu: 
„Herr, blüht denn auch hienieden dem König keine Treu?“ 
. Der König mag's verwinden, er hat ja noch sein Land 
und einen vollen Säckel und eine mächt'ge Hand; 
er hat noch grüne Felder, noch Wiesen, voll von Duft, 
und drauf den Fleiß von Menschen und drüber Gottes Luft. 
10. Zu seinem Fenster tritt er, sieht nieder, sieht hinaus, 
und Wiege seines Glücks bedünkt ihn jedes Haus. 
Zum Seil hin eilt er glühend, will ziehn, will läuten, sieh! 
Da stürmt's herein zum Saale, da fällt's vor ihm aufs Knie. 
11. „Herr König, siehst du drüben den Rauch, den Brand, den Strahl? 
So rauchen unsre Hütten, so blitzt der Nachbarn Stahl.“ 
„Ha, freche Räuber!“ donnert der Fürst in wildem Glühn, 
und statt des Glöckleins muß er sein rächend Eisen ziehn. 
12. Schon bleichen seine Haare, von Dulden wird er schwach, 
und stets noch schweigt das Glöcklein auf seines Hauses Dach. 
Und wenn's auch oft wie Freude sich auf die Wang' ihm drängt, 
er denkt kaum noch des Glöckleins, das er hinauf gehängt. 
13. Doch als er nun zu sterben in seinem Stuhle saß, 
da hört' er vor den Fenstern Geschluchz' ohn' Unterlaß. 
„Was soll das?“ fragt er leise den Kanzler, „sprich's nur aus!“ — 
„Ach Herr, der Vater scheidet, die Kinder stehn vorm Haus!“ 
14. „Herein mit meinen Kindern! Und war man mir denn gut?“ — 
„Stünd', Herr, zu Kauf ein Leben, sie kauften dein's mit Blut!“ 
Da wogt's auch schon zum Saale gedämpften Schritts herein, 
und will ihn nochmals segnen, ihm nochmals nahe sein. 
15. „Ihr liebt mich also, Kinder?“ — Und tausend weinen: „Ja!“ 
Der König hört's, erhebt sich, steht wie ein Heil'ger da, 
sieht auf zu Gott, zur Decke, langt nach dem Seile stumm, 
thut einen Riß — es läutet — und lächelnd sinkt er üm. 
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