10
Dar Zeitalter bet rett,lösen Kämpse 1619—1648.
Gelehrten häufig vorkam. Aber die Thesen gewannen eine weit darüber
hinausgehende Bedeutung; binnen vierzehn Tagen waren sie in ganz
Deutschland verbreitet, fanden manchen scharfen Widerspruch, aber viel
mehr begeisterte Zustimmung. Schon wurde der Streit vor den Papst
gebracht, der den kühnen Mönch zur Verantwortung nach Nom vorlud.
Aber Kurfürst Friedrich der Weise nahm sich Luthers an und erwirkte,
Catetan. daß er von dem Kardinal Cajetanus, der seinen Namen von seiner
Vaterstadt Gaeta trug, und der 1518 bei dem in Augsburg abgehal¬
tenen Reichstag auwesend war, vernommen würde. So reiste Luther
nach Augsburg; aber mit Berufung auf die heilige Schrift, bereu Wert
und Geltung größer sei als die der Kirchenväter und Konzilien, verweigerte
er den Widerruf, den der Kardinal von ihm verlangte. Als er fürchten
mußte verhaftet zu werden, floh er heimlich aus der Stadt.
Mtltitz. Bald darauf kam der päpstliche Kammerherr von Miltitz, der damit
beauftragt war, Friedrich dem Weisen als Geschenk des Papstes eine
goldene Rose zu überbringen, mit Luther zu Altenburg zusammen uub
erreichte, daß er zu schweigen versprach, wenn auch seine Gegner schwiegen.
Aber der Streit konnte auf diese Weise nicht mehr beigelegt werden.
Luthers Wittenberger Amtsgenosse Andreas Karlstadt hatte mit einem
Die Leipziger Geaner Luthers, dem Jnaolstädter Professor vr. Eck, eine öffentliche
Disputation. ' r f c. r < .1 , o • • or
1510. Drspntaüon auszufechten, die auf der Pleißenbnrg zu Leipzig unter An¬
wesenheit des albertinischen Herzogs Georg von Sachsen stattfand. Hier
kam Luther dem hart angegriffenen Karlstadt zu Hilfe; und hier erklärte
er es offen, daß auch unter den Lehrsätzen, um bereit willen Hns ver¬
brannt sei, manche gut evangelisch gewesen seien, unb baß auch bie Kon¬
zilien irren könnten.
Diese Erklärung war für Luther entscheidend; sie schied ihn von der
alten Kirche. Ihm zur Seite stand jetzt Philipp Melanchthon, keine
Kampfnatur wie Luther, zarter und milder angelegt, aber als Gelehrter
unb Schriftforfcher ihm ebenbürtig. Obwohl der Kurfürst sich von der
alten Kirche nicht trennte, so trat er doch in seiner gerechten und milden
Art auch ferner schützend für Luther ein. In Deutschland aber stieg sein
Anhang von Tag zu Tag; zumal viele der Humanisten und insbesonderr
Ulrich von Hutten feierten ihn als den Ihrigen, und der Führer bei
rheinischen Ritterschaft, Franz von Sickingen, bot ihm auf seinen
Luther» Burgen eine Freistatt an. Luther aber schrieb jetzt bie berühmten Streit-
,Wn. fchriften „An ben christlichen Abel beutscher Nation von bes christlichen
Staubes Besserung" unb „Von der babylonischen Gefangenschaft bei
Kirche", denen er die Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen"