Full text: Geschichte der Neuzeit (Bd. 3)

2 Humanismus. 
eine allgemein menschliche Bilöung im Sinne der Hntife anstrebte (Huma¬ 
nismus). Der weg zu ihr führte durch die reiche Literatur der griechischen 
und römischen Klassiker. Je weniger diese bisher bekannt und geschätzt 
waren, desto mehr wurden sie jetzt überschätzt. Geblendet von der glänzenden 
gorm dieser Meisterwerke und von ihrem Gedankenreichtum bezaubert ver¬ 
hielten sich die meisten Humanisten gegen die Kirche gleichgültig, manche 
sogar feindlich. Der Humanismus hatte seine Heimat in Italien; einen be¬ 
deutenden Zuwachs erhielt er durch griechische (Belehrte, die mit ihren Bücher¬ 
schätzen vor den Türken ins Abendland flüchteten; durch die junge Kunst des 
Buchdruckes wurde er zuletzt über die ganze tDelt verbreitet. Zu seinen An¬ 
hängern zählten auch Zürsten, Bischöfe und Päpste. 
Die griechischen Studien wurden in Deutschland hauptsächlich durch 
(Erasmus und ZTTelanchthon heimisch gemacht. (Erasmus aus Rotterdam 
(1467—1536) liefe zuerst das Neue (Testament im Urtext drucken (1516). 
ZTtelanchthon aus Breiten in der damaligen Pfalz (1497—1560) wurde der 
bedeutendste Förderer dieser Studien und richtete zahlreiche humanistische 
Schulen, darunter auch eine in Nürnberg, ein. Reuchlin aus Pforzheim 
lehrte als einer der Ersten das hebräische; von ihm stammt der erste Druck 
hebräischer Psalmen (1512). fln der bayerischen Universität Ingolstadt 
lehrten der Geograph Apiartus, vorübergehend auch Reuchlin und der Geschicht¬ 
schreiber flventinus (Johann Turmair aus Abensberg). 
Die Briefe der Dunkelmänner. Der Gegensatz zwischen der alten 
und der neuen Geistesrichtung wurde durch eine literarische Zehde grell be¬ 
leuchtet, die in das 2. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts fiel. (Ein getaufter 
Jude namens Pfefferkorn hatte beim Kaiser den Antrag gestellt alle hebräi¬ 
schen Bücher, die Schmähungen gegen die christliche Religion enthielten, ver¬ 
brennen zu lassen. Reuchlin, um ein Gutachten angegangen, sprach sich da¬ 
gegen aus, da den Juden nicht nur durch kaiserliche und päpstliche Privi¬ 
legien die Kultusfreiheit zugesichert war, sondern ihre Bücher auch manches 
Gute enthielten; im Gegenteil beantragte er die (Errichtung von Lehrstühlen 
für hebräische Sprache an den deutschen Universitäten und deren Aus¬ 
stattung mit hebräischen Büchern. Pfefferkorn griff Reuchlin in einer 
Schmähschrift heftig an, erlitt aber von diesem eine derbe Abfuhr, während 
der Bischof von Speyer, der zum Schiedsrichter in diesem Streite bestellt 
war, sich für Reuchlin erklärte, wußten die Anhänger Pfefferkorns, zu 
denen namentlich die Kölner Dominikaner zählten, ein päpstliches Mandat 
zu erwirken, welches die Verbreitung der Reuchlinfchen Schrift untersagte 
und ihm selbst Schweigen auferlegte. Reuchlin kehrte sich nicht an dieses 
Verbot, sondern veröffentlichte eine Anzahl ,,Briefe berühmter ITCänner", 
die ihm zugegangen waren und ihm in seinem Verhalten recht gaben.
	        
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