126
in Mecca fand. Denn hier traten alsbald die Vornehmsten wider ihn
auf, ihn bald als einen Thoren, bald als einen Betrüger beschimpfend.
So lange der fromme Abu Taleb lebte, war er gegen offene Ge¬
walt geschützt, als aber dieser und bald darauf Chadidfcha starb, faßten
die Feinde neuen Muth. Es ward ihm die Erbschaft feines Weibes
entrissen und die Anwartschaft, Abu Taleb's Nachfolger und Aufseher
der heiligen Kaaba zu werden. Mit einem feierlichen Schwur vereinig¬
ten sich feine Gegner, das Volk gegen ihn aufzuwiegeln und ihn im
Aufruhr gemeinschaftlich zu ermorden, damit die Rache der Gläubigen
unmöglich werde, wenn die Blutschuld unter viele vertheilt fei. Schon
war das Haus von der Rotte des tobenden Volkes umlagert, Muhamed
rettete sich durch die Flucht. Man jagte ihm nach; doch entging er der
Verfolgung, indem er sich in einer Höhle verbarg, an deren Eingang,
wie die heilige Sage erzählt, eine Spinne ihr Netz spannte und eine
Taube ihr Nest baute, um die Verfolger zu täuschen. Das Jahr feiner
Flucht war 622 und heißt Hedschra oder Hejira; von ihm an
datirten die Anhänger Muhamed's ihre Zeitrechnung.
Auf dem Wege nach Jatreb, zwei Meilen von der Stadt, gründete
Muhamed das erste Bethaus, arabisch Mesdfchid genannt, woraus das
Wort Moschee entstanden ist. In Jatreb selbst wurde er und mit ihm
seine Gläubigen (Moslemin, woraus Muselman) mit Jubel empfangen.
Noch war für feinen Glauben kein Tropfen Blutes geflossen, jetzt aber
beschloß er mit dem Schwerte auszurichten, was des Wortes Kraft nicht
vermochte. Eine blutige Fehde begann, in welcher Muhamed mit ge-
waffneten Schaaren zunächst gen Mecca zog. An alle benachbarten
Völker sandte er Botschaft, sie zur Annahme feines Glaubens einzuladen.
Viele wurden gläubig, viele antworteten trotzig. Es kam zu neuen
Kriegen, in denen, bei Sieg und Niederlage, Muth und Kraft der
Moslemin wuchs. Auch an Kaiser Heraclius erging der Aufruf des
Propheten; die Antwort war ausweichend, doch verbindlich, denn He¬
raclius wollte einen Mann nicht beleidigen, der die Perser, die Erb¬
feinde des römischen Reiches, in Schrecken fetzte. Endlich, acht Jahre
nach feiner Flucht, nahm Muhamed Mecca fast ohne Schwertstreich ein.
Es war ihm nicht, wie unserem Herrn und Heiland um das himmlische
Reich zu thun. Auf Erden wollte er feine Herrschaft gründen und die
Schärfe des Schwertes sollte die Wahrheit feiner Lehre beweisen. In
alle Theile der Halbinsel zogen feine Schaaren, um die Araber zum
Glauben zu bekehren: wo er Widerstand fand, half die Gewalt.
„Wir bekriegen alle Menschen, bis sie glauben/' sagt ein gleichzeitiger
Schriftsteller; „nur wer an Gott und feinen Gesandten glaubt,
rettet sein Gut und Blut; alle Ungläubigen befehden wir und der
Sieg'wird immer bei uns fein." Er wurde Herr von Arabien
als geistlicher und weltlicher Gebieter. In Jatreb war fein Lieblings¬
aufenthalt. Nach gefahrvollen Feldzügen kehrte er gerne dahin zurück,