Auch die Unfreien theilten sich in verschiedene Klassen oder Ab¬ 
stufungen. Außer den Sklaven und Freigelassenen, die im Alterthum 
allenthalben einen großen Bestandtheil der Bevölkerung bildeten, gab es 
eine dritte Klasse unfreier Leute, welche nicht an Ehren- und Waffen- 
rechten der Freien Theil hatten, aber doch Grundstücke mit eigenem Haus 
und Herd besaßen. Diese Gutshörigen oder Leibeigenen, die wahrschein¬ 
lich durch Krieg und Eroberung unfrei geworden waren, blieben an den 
Boden gebunden und wurden vor Gericht und in der Volksgemeinde 
von dem Grundherrn vertreten, dem sie Zins von Heerden und Früch¬ 
ten zu entrichten hatten. Diejenigen, welche durch den Willen ihrer 
Herren oder durch Loskaufung der Unfreiheit entgingen, konnten doch 
erst nach mehreren Generationen in den Stand der Freien einrücken. 
Vermuthlich waren die Handwerke dieser mittleren Volksstufe überlassen. 
Der Knechtsdienst wurde auf solche Weise vielfach gemildert und der 
Willkür entzogen. 
Jeder Volksstamm bildete ein freies Gemeinwesen, einen selbststän¬ 
digen Staat. Häufig traten mehrere Stämme zu einer Eidgenossen¬ 
schaft zusammen, in welcher dann der mächtigste die Vorherrschaft führte. 
Jeder Staat zerfiel in eine größere oder geringere Anzahl von Gauen, 
die ihrerseits wieder in Gemeinden sich theilten. Der Haupthof bildete 
den Kern der Markgenossenschaft. Die Vorsteher der Gemeinden, sowie 
die sogenannten Gaugrafen wurden in der Volksversammlung ge¬ 
wählt, die im Freien stattfand und zwei bis drei Tage dauerte. Die 
Männer trugen Waffen, die der Germane überhaupt nie ablegte, aber 
der Gottesfrieden herrschte an der geweihten „Thingstatte;“ die Volks¬ 
häupter pflogen Berathung, das Volk stimmte zu durch Waffengeklirr 
oder gegen den Beschluß durch murrende Einsprache. Auch die Rechts¬ 
lagen kamen hier zur Entscheidung. Das Urtheil und dessen Voll¬ 
ziehung folgten sich unmittelbar. Die Volksgemeinde war der Mittel¬ 
punkt aller Geschäfte; in ihr ruhte die Hoheit des- Staates. 
Zu Kriegszeiten wurde in ähnlicher Weise der Feldherr, der Her¬ 
zog gewählt, dessen Kriegsruhm und Tapferkeit vor Allem in Betracht 
gezogen ward. Zum Heerbann war jeder waffenfähige Mann verpflich¬ 
tet; die Rüstung war ein kleiner Schild von Holz oder Weidengeflecht 
Sund ein kurzer, für Hieb und Stoß berechneter Speer. Tacitus berich¬ 
tet, daß die Frauen und Kinder innerhalb der Wagenburg des Stam¬ 
mes während der Schlacht zugegen waren und durch ihr Geschrei die 
Kämpfer ermuthigten. Dies mag wohl bei den auswandernden Völkern 
der Fall gewesen sein. Der Schlachtgesang, begleitet von Hörnerklang, 
„glich dem wilden Meeresbrausen, wenn die sturmgepeitschten Wellen 
an der Brandung anprallen." 
Verschieden vom Heerbann waren die Gefolgschaften von eben 
waffenfähig gewordenen Jünglingen, welche als Ehren- und Schutzgeleit 
den Kriegsführer umgaben. Auf ein solches glänzendes, in hingebender
	        
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