Dritte Periode.
Von dem Abschluffe des Westfälischen Friedens bis zum
Ausstande der Britischen Kolonien in Nordamerika.
Vom Jahre 1648—1773.
L Einleitung.
Die gegenwärtige Geschichtsperiode umfaßt mehr als ein Jahr¬
hundert der merkwürdigsten Staatsentwicklungs- und Verfassungskämpse.
Auf dem Widerstreit der geistlichen und politischen, der monarchischen
und der ständischen Tendenzen und der Wechselwirkung unabhängiger
Nationalitäten innerhalb einer mehr in der Idee, als in der Wirklich¬
keit bestehenden Einheit, beruht das Leben und der Einfluß des Abend¬
landes überhaupt und sein Uebergewicht nur durch den Alleinbesitz einer
lebendig fortwirkenden Bildung. Der Beginn der neuen Geschichts¬
periode bietet ein wesentlich verändertes Bild der europäischen Staaten¬
verhältnisse als diese vor dem dreißigjährigen Krieg bestanden haben.
Das absolute Vorherrschen Frankreichs steht hier in erster Linie.
An der Stelle des deutschen Reiches tritt es in den Vordergrund der
Geschichte, während Schweden die Rolle einer Großmacht inne hat,
Holland die Meere beherrscht, England auf eine glänzende Zukunft hin¬
arbeitet, ist Spanien und Italien im raschen Sinken begriffen und
Deutschland, in voller Auflösung, geht vom obersten Rang in dem euro¬
päischen Staatensystem auf eine der letzten Stufen zurück.
Dabei erzeugten die nie zu versöhnende religiöse Spaltung, der
Gegensatz zwischen den österreichisch-spanischen Interessen und Frankreich,
das Aufstreben der ständischen Verfassung unausgesetzte Reibungen,
in welchen die Ideen der neuen Zeit unter steten Kämpfen
allmählich erstarken und reifen mußten. Ein großer Kampf endlich, in
welchem alle geistigen und materiellen Conflikte zu Tage traten, führt
uns an den Punkt, auf welchem wir, wie über einen wilden Strom
hinweg, unsere eigene, die Geschichte der Gegenwart erschauen können.