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gegen Deutsche geführt haben — der sächsische Bruderkrieg. Die Söhne
des Kurfürsten Friedrich des Streitbaren, Kurfürst Friedrich der Sanft-
mütige und Herzog Wilhelm der Stolze, gerieten, als sie 1445 das
väterliche Erbe geteilt hatten, in heftige Streitigkeiten, da Wilhelm sich von
seinem Bruder übervorteilt wähnte. Apel von Vitztnm, Wilhelms Rat¬
geber und Friedrichs persönlicher Feind, schürte den Zorn seines Herrn
zur hellen Flamme; alle friedlichen Verhandlungen scheiterten an Wil¬
helms trotzigem, stolzem Sinn, und so kam es zu einem Kriege, durch
den die Thüringer und Meißner Lande auf das grauenhafteste ver¬
wüstet wurden.
Graf Heinrich IX. von Gera, genannt „der Unglückliche", ein
Mann von seltenen Geistesgaben, klug und hochverständig im Rat, ein
trefflicher Redner und ritterlicher Held, nahm an dem Kriege tätigen
Anteil. Von Jugend auf dem Kurfürsten Friedrich dem Sanftmütigen
treu ergeben und von diesem zum Geheimrat und Minister ernannt,
wollte es das Unglück, daß er durch die obengenannte Erbteilung sein
Land von Wilhelm dem Stolzen zu Lehen bekam. Allein sein strenger
Sinn für Wahrheit und Recht ließ ihn nicht einen Augenblick schwanken,
mit Wort und Tat für die gerechte Sache seines kurfürstlichen Freundes
einzutreten. Herzog Wilhelm aber schwur ihm dafür Rache.
Im Sommer 1450 rückte er gegen Gera heran. Brennende
Dörfer bezeichneten seinen Weg; von Altenburg bis gen Zeitz stand
alles in Flammen. Herr Heinrich, der sich beim kurfürstlichen Heere
in Thüringen befand, ernannte den Grafen Ludwig von Gleichen zum
Stadthauptmann von Gera. Wilhelm betrieb die Belagerung der
Stadt mit brennendem Eifer; unaufhörlich flogen die schweren Wurf¬
geschosse gegen die Mauern und das Schloß, und als nun gar bei
einem Ausfall der Graf von Gleichen samt 150 Mann gefangen ge¬
nommen wurde, erreichte die Besorgnis der geängstigten Einwohner den
höchsten Gipfel. In dieser großen Not wurde die Gräfin Luitgard,
Heinrichs hochbetagte Mutter, die Retterin der Stadt. Die drohende
Gefahr verachtend, ließ die Gräfin sich das Klotztor öffnen und schritt
mit ihren Frauen dem feindlichen Lager zu. Ihren inständigen Bitten
und heißen Tränen gelang es, den Herzog zum Abzug zu bewegen.
Aber nicht lange währte die Freude über die glücklich bestandene
Gefahr. Denn kaum hatte Wilhelm erfahren, daß Heinrich von Gera
in fein Amt Roda eingefallen war, so erschien er wutschnaubend vor
den Toren der Stadt, verstärkt durch 9000 Böhmen und durch die
Truppen, welche ihm der Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg
zuführte.