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also diejenigen ausschloß, welche den Schweizer Reformatoren anhingen. 
Auch war es vor der Hand nur so weit gekommen, daß die katholischen 
Landesherren sich bewegen ließen, nicht die Glaubensfreiheit ihrer pro¬ 
testantischen Unterthanen zu bewilligen, sondern es sollte diesen blos 
freistehen, mit Hab und Gut in ein evangelisches Land auszuwandern. 
Hierin lag eine Quelle namenloser Trüb- und Drangsale für Tausende 
von Unterthanen in Baiern, Oesterreich, Böhmen und in den bischöflichen 
Ländern. Eben so gestatteten die katholischen Fürsten den Bischöfen 
nicht, zur evangelischen Kirche überzutreten und ihre Bisthümer bei¬ 
zubehalten. Man nannte dies den geistlichen Vorbehalt, kraft 
dessen nun eine Menge Bisthümer, Abteien, Klöster und Kirchen, die 
schon längst den Protestanten gehörten und säkularisirt worden waren, 
der römischen Kirche zurückgegeben werden sollten. Evangelische Bischöfe 
verloren, gleichwie der Erzbischof Hermann von Köln, ihre Länder; 
einige Bisthümer aber, welche in den Gebieten protestantischer Fürsten 
lagen, wurden mit der Zeit säkularisirt, d. h. weltlichen, aber evangeli¬ 
schen Herren gegeben. 
Der Pabst war über den Religionsfrieden in hohem Grade er¬ 
bittert, und der Kaiser, verstimmt über das Fehlschlagen seiner theuersten 
Pläne, trat mit seinem feierlichen Entschlüsse hervor, die Krone nieder¬ 
zulegen. Er übergab die Niederlande (1555) und Spanien (1556) sei¬ 
nem Sohne Philipp II., die deutschen und österreichischen Lande seinem 
Bruder Ferdinand (1556) und zog sich dann nach Spanien, in das 
Kloster St. Just in Estremadura zurück. 
In der Mitte schöner Baumpflanzungen, die durch frische, aus dem 
Gebirge herabströmende Bäche und Quellen belebt waren, lag das Kloster 
am Abhange eines Hügels in tiefer Einsamkeit. Neben der Kirche war 
dem Kaiser ein Wohnhaus erbaut; unfern davon waren die Wohnungen 
für die Dienerschaft seines Hofhaltes. Seine Erholung war, unter dem 
Schatten dichter Kastanien nach einer nahegelegenen Kapelle zu wandeln. 
Besonders gern hörte er den Gesang in der Kirche, wozu die besten 
Stimmen der Umgegend in dem Kloster versammelt wurden. Seme 
Wohnung war in Verbindung mit der Kirche gesetzt, so daß er in Tagen 
der Krankheit die Musik in seinem Schlafzimmer hören konnte. 
Zwei Jahre verlebte er so in stiller Abgeschiedenheit, einen Theil 
seiner Zeit mit mechanischen Arbeiten ausfüllend, wie er sich denn be¬ 
sonders gerne mit der Zusammensetzung von Uhren beschäftigte. Die 
Aufrechthaltung der katholischen Religion lag ihm bis zu dem letzten 
Moment seines Lebens am Herzen. „In deine Hände, o Herr, habe 
ich deine Kirche übergeben/' waren seine letzten Worte. Er starb in 
dem Gedanken, der sein Leben ausgemacht, den 21. September 1558. 
Karl V. steht am Eingänge der neuen, oder vielmehr ant Ausgange 
der alten Zeit, eine große und seltene Natur; zu kalt, zu verschlossen, zu 
klug und berechnet, um unsere Sympathien zu erwecken, wohl aber be-
	        
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