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Er wollte durch keine Neuerung seine schwer erkämpfte Lehre verwirrt 
sehen, und Zwingli seine weiter gehenden, freieren Ansichten nicht auf¬ 
geben; die Lehre vom Abendmahle blieb somit ein nicht zu versöhnender 
Streitpunkt zwischen Beiden. Sie gingen fortan getrennt, ein Jeder 
seinen eigenen Weg. Zwingli zögerte keinen Augenblick, mit tiefstem 
Ernste und mit der ihm eigenen republikanischen Strenge an die Ver¬ 
besserung der Kirche Hand anzulegen. Seine Predigten hatten eine 
mächtige Wirkung. Er griff die obwaltenden Mißbrauche mit rücksichts¬ 
loser Härte an. Eines Tages schilderte er die Verantwortlichkeit der 
Geistlichen so lebhaft, daß junge Leute unter seinen Zuhörern wohl auf 
der Stelle die Absicht fahren ließen, geistlich zu werden. „Ich fühlte 
mich," sagt Thomas Plater, „wie an den Haaren emporgezogen." Zu¬ 
weilen glaubte Einer oder der Andere der Anwesenden sich persönlich 
angegriffen. Dann rief wohl Zwingli plötzlich: „Frommer Mann, 
nimm Dir's nicht an," und fuhr in seinem Eifer fort, „ohne der Ge¬ 
fährlichkeit zu achten." Bald war ein großer Theil der Kantone der 
neuen Lehre beigetreten. Zwingli richtete allenthalben den neuen Gottes¬ 
dienst ein. Die Bilder wurden aus den Kirchen genommen und die 
Predigt verdrängte die Messe. 
Bald aber trübte sich der Friedenshimmel in der Schweiz, da die 
fünf Kantone Schwyz, Uri, Unterwalden, Zug und Luzern gegen die 
Reformirten feindlich auftraten. Vergebens suchten Zwingli und viele 
edle Schweizer den Frieden zu erhalten; die fünf katholischen Orte ließen 
im Jahre 1531 1000 Mann in das Gebiet von Zürich einrücken. Die 
Züricher waren auf diesen Angriff nicht vorbereitet und stellten dem 
Feinde nur eine geringe, in Eile zusammengeraffte Mannschaft entgegen, 
welche Zwingli begleitete, um sie durch seine Gegenwart und durch 
seinen Zuspruch zu ermuntern. Er hatte nur geringe Hoffnung eines 
günstigen Erfolges. Wir finden ihn in tiefer Nacht zu Bremgarten in 
dem Hause des Prädikanten Bullinger in Berathung mit einigen Berner 
Abgeordneten. Als er beim Grauen des Tages schied, da weinte er 
und sprach zu Bullinger: „Gott behüte Dich, mein Heinrich, und bleibe 
nur treu am Herrn Christo. Mich und manchen Ehrenmann wird es 
kosten, die Kirche wird Noth leiden, Ihr werdet aber darum doch nicht 
verlassen sein." 
Am 11. Oktober kam es bei Kappel unfern Zürich zum Gefechte, 
welches durchaus ordnungslos geführt wurde. Zwingli gerieth in das 
Treffen und wurde tödtlich verwundet. Die Feinde durchzogen sieges¬ 
trunken und beutelüstern das Schlachtfeld, als er noch athmend dalag, 
unter einem Birnbaum, die Hände gefaltet, die Augen gen Himmel ge¬ 
richtet. Da näherte sich ihm der Unterwaldner Hauptmann Furkinger 
und ermahnte ihn, die heilige Jungfrau anzurufen. Zwingli, der nicht 
mehr sprechen konnte, schüttelte mit dem Kopse, darüber ergrimmte der 
Furkinger und versetzte ihm den Todesstoß. 
Oeser's Weltgeschichte. IE. 7. Aufl. 5
	        
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