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wie im Westen England sie bereits zu schaffen begann. Allein in Sieg¬
mund August traten nach dem Tode seiner geliebten Barbara die Folgen
der verfehlten Erziehung immer deutlicher hervor. Zugleich verleideten
ihm die kränklichen, unerträglichen Launen seiner dritten Gemahlin,
der Erzherzogin Katharina von Oesterreich, das Familienleben. Er
suchte außer Hause alle Arten von Zerstreuungen und die leichtfertigen
Sitten der Gesellschaft begannen ihren schlimmen Einfluß auch im Staate
auszuüben.
Siegmund August, der letzte Jagellone, starb ohne Erben, außer fünf
Schwestern: Hedwig, Kurfürstin von Brandenburg, Isabelle, Zapolsky's
von Ungarn Wittwe, Sophia, Herzogin von Braunschweig, Katharina,
Gemahlin König Johann's III. von Schweden, und Anna, die noch un¬
vermählt und bei dem Tode ihres Bruders achtundvierzig Jahre alt war.
17. Dänemark, Schweden und Norwegen.
Von den außerdeutschen Ländern, welche die Reformation mit be¬
geistertem Eifer ergriffen, war eines der ersten jenes nordische Reich,
welches noch immer die alte gothische Sprache und alte germanische
Sitte bewahrte, Schweden. Seit den Zeiten der berühmten Margaretha
war Schweden mit Dänemark und Norwegen unter einem Könige ver¬
einigt, besaß jedoch einen aus seiner Mitte gewählten Reichsverweser,
welcher die Staatsgeschäfte nach Landes- und Volksgebrauch verwaltete.
Im Jahre 1501 unter König Johann's von Dänemark Re¬
gierung verwaltete der weise und staatskluge Sten Sture, aus altem
königlichem Geschlechte, dieses Amt mit Milde und Gerechtigkeit. Jo¬
hann's Sohn, ChristianII. aber, ein roher, herrschsüchtigerund grau¬
samer Mann, kam im Jahre 1519 mit einer Flotte vor Stockholm, um
die Machtherrschaft für sich allein in Anspruch zu nehmen. Da er mit
Gewalt nichts ausrichten konnte, versuchte er Unterhandlungen, während
welcher er sich listiger Weise sechs edler Schweden bemächtigte, die er
als Gefangene nach Dänemark abführte. Einer derselben war Gustav,
der Sohn des Reichsrathes Erich Wasa. Es gelang diesem aus seiner
Hast zu entweichen und in der Kleidung eines Bauern nach Lübeck zu
kommen. Als er hier vergebens den Rath zur Unterstützung der Schwe¬
den aufforderte, kehrte er nach Schweden zurück und irrte, unter Aben¬
teuern und Gefahren aller Art, im Lande, bis er in den Bergen der
Dalekarlen eine Zuflucht fand.
König Christian II., der den freien Bauernstand und einen großen
Theil des Adels in Schweden gegen sich hatte, suchte unterdessen mit