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phie, einer Nichte Konstantins, des letzten byzantinischen Kaisers, glaubte
er Ansprüche auf Constantinopel und das ganze griechische Reich geerbt
zu haben; darum führte von jetzt an das russische Wappen einen zwei¬
köpfigen Adler. Die wachsende Macht Rußlands konnte für Europa
sehr wohlthätig werden, wenn dessen Herrscher ihre Aufgabe begriffen
hätten, eine Schutzmauer gegen die asiatischen Barbaren zu sein und
lieber im Osten, als im Westen Eroberungen zu suchen.
Jwan's wichtigste Anordnung im Inneren seines Reiches war die
Feststellung der Unteilbarkeit des Moskauischen Staates, indem er sei¬
nen ältesten Sohn Wassilij zum Herrscher des ganzen Landes bestimmte
And so die souveraine Gewalt auf die Person des Monarchen übertrug-
Er starb im Jahre 1505 und sein Sohn bestieg unter dem Namen
Wassilij Jwanowitsch den väterlichen Thron fl505—1533). Ganz
im Sinne seines Vaters strebte er die Alleinherrschaft zu sichern und
die Tataren in Unterwürfigkeit zu erhalten; doch war seine Regierung
nicht so glücklich und glänzend, wie die seines Vaters. Zunächst wendete
er sein Augenmerk auf das Fürstenthum Litthauen, da der König Sig¬
mund von Polen Sewerien an sein Reich zurückbringen wollte. Wassilij
forderte dafür Kiew und Wolhynien. Es entstand ein heftiger Krieg
mit abwechselndem Glücke, wobei indeß Wassilij Smolensk eroberte und
dieses mit seinem Staate vereinigte. Darauf stifteten die Polen die
krimischen Tataren an, in Rußland einzufallen, wodurch Wassilij ge¬
nöthigt ward, in einen Waffenstillstand zu willigen, der im Jahre 1522
durch die Vermittelung des Kaisers Karl V. zu Stande kam. Während
die innere Zwietracht unter den krimischen Tataren die südlichen Gren¬
zen Rußlands vor neuen Angriffen sicherte, beunruhigten fortwährend
die kasanischen Tataren die östlichen Theile des Reiches, und Wassilij
konnte diese Feinde nicht unschädlich machen.
Als er starb, folgte ihm sein Sohn Iwan IV., der, erst drei Jahre
alt, vom ganzen Reiche als Herrscher anerkannt wurde (1533—1584).
Wegen der Strenge, mit welcher er später regierte, erhielt er den Beinamen
„ber Schreckliche." Nach dem Willen seines Vaters stand er bis zum 15.
Lebensjahre unter der Vormundschaft seiner Mutter Helena und eines
Rathes von 20 Großen. Seine Mutter führte das Scepter mit großer
Weisheit und Umsicht nach Außen, während sie zugleich im Inneren für
des Landes Wohlfahrt sorgte, Städte bauete und Handel und Gewerbe
zu heben suchte. Doch starb sie frühzeitig, und im Rathe der Zwanzig,
wie am Hofe überhaupt, bildeten sich Parteien, die sich einander die Gewalt
streitig machten, Verschwörungen stifteten und alle Greuelthaten sich
erlaubten.
Die Erziehung und Bildung des jungen Iwan wurde dabei gänz¬
lich vernachlässigt; die Bojaren erbitterten und verhärteten sein Herz,
reizten seine Leidenschaften, leiteten ihn von Jugend an zu einem rück¬
sichtslosen Herrscherübermuthe. Sie freuten sich, wenn er in seinen