Full text: Geschichte der Griechen für Gymnasien und Realschulen

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aus Argos, Hellanikus aus Mitylene, deren Sammlungen 
jedoch größtentheils untergegangen sind. Erst mit Herodot, der 
im Jahre 484 zu Halikarnaß in Karien geboren wurde, beginnt 
die eigentliche Geschichtschreibung. 2) Um den gegen das welt-- 
berrschende Volk der Perser glorreich geführten Freiheitskampf 
von Grund aus erzählen zu können, bereisete er die wichtigsten 
Länder der damals bekannten Erde und stellte dann die Bege¬ 
benheiten von dem Zeitalter des lydischen Königes Gyges bis 
zur Flucht des Xerres aus Griechenland, einen Zeitraum von 
220 Jahren, in einem Werke von neun Büchern einfach und 
treu dar. Da er aber noch einer Zeit angehörte, in welcher 
die ruhmwürdigen Mythen und Sagen des Alterthumes im ge¬ 
heiligten Andenken waren und dazu in einem Lande lebte, das 
so reich an griechischen Mythen war; so konnte es nicht fehlen, 
daß auch von Herodot noch manche Nachrichten überliefert wur- 
den, die den Stempel einer mythische poetischen Zeit unverkenn- 
bar an sich tragen. Das Höchste in historischer Kritik und Be¬ 
stimmtheit hat der Athener Thucydides geleistet (470- 402 
vor Chr.). Dieser, als Staatsmann und Krieger gleich apsge- 
zeichnet, schrieb eine Geschichte des peloponnesischen Krieges, und 
zwar der ersten ein und zwanzig Jahre desselben, in acht Bü¬ 
chern Sein Werk bleibt durch den tiefen Blick in die inneren 
Staatsverhältnisse, durch die musterhafte Darstellung der Ursa¬ 
chen der einzelnen Ereignisse und deren Folgen, für alle Zeiten 
Muster der Specialgeschichte. Die Einleitung ist noch besonders 
wichtig für die älteste Geschichte Griechenlands. Wie Herodot 
im Ganzen mehr episch ist, so ist Thucydides mehr dramatisch.*) 
Nach ihm wird die Zeitgeschichte immer fortgesetzt, aber kei¬ 
ner seiner Nachfolger gleicht ihm an Genauigkeit, Umsicht und 
Treue der Darstellung. An ihn reihet sich zunächst der Athener 
Xenophon (444-355 vor Chr.), der in seiner „Hellemka" 
-) Cicero (de leg. I. 1.) nennt ihn deshalb Pater historise. Vergl. Cic. 
de Ort. II. 12. 
3) Zwischen ihm und Herodot zieht Quintilian (inst. orat. X. i.) fot» 
aenbe Parallele: Densus et brevis et Semper instans sibi Thucydides ; 
dulcis et Candidus et fusus Herodotus: ille concitatis, hic remissis 
affectibus melior: ille concionibus , hic sermonibus: ille vi, hic vo- 
luptate etc. Vergl. Cic. de orat. II. 13 etc.
	        
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