Die Königin Luise von Preußen.
277
z. Aber die sonnigen Tage des stillen Glückes sollten nicht lange dauern.
Am 16. November 1797 starb Friedrich Wilhelm II. und sein Sohn bestieg
als Friedrich Wilhelm Ul, den preußischen Königsthron. Schwere Auf—
gaben warteten nun des jungen Königspaares. Es galt, im Lande wieder
zu guter deutscher Zucht und Sitte, zu Einfachheit und Sparsamkeit zurück—
zukehren. Friedrich Wilhelm III. und Luise gingen ihrem Volke in allen diesen
Tugenden mit dem besten Beispiel voraus.
Bald brach der Krieg mit Frankreich aus, und dann begann auch
für die Königin eine Zeit herber Trübsal. Nach der großen Niederlage der
preußischen Armee bei Jena und Auerstädt am 14. Oktober 1806 mußte
sie eiligst Berlin verlassen und nach dem Osten des Reiches fliehen. Schmerz—
lich empfand sie das Unglück ihres Volkes, und als sie in Schwedt a. O.
mit ihren Kindern zusammentraf, die ihr schon vorausgeschickt worden waren,
sprach sie tief bewegt zu den beiden ältesten Söhnen: „Ihr seht mich in
Tränen, ich beweine den Untergang unsers Hauses und den Verlust des
Ruhmes, mit dem eure Ahnen das Königreich geschmückt haben. Ruft künftig,
wenn eure Mutter nicht mehr lebt, diese unglückliche Stunde in euer Ge—
dächtnis zurück. Weinet meinem Andenken eine Träne, aber begnügt euch
nicht mit Tränen, handelt! Entwickelt eure Kräfte! Vielleicht läßt sich
Preußens Schutzgeist auf euch nieder. Befreit dann euer Volk von der
Schande, dem Vorwurf und der Erniedrigung, worin es schmachtet. Suchet
den jetzt verdunkelten Ruhm eurer Vorfahren von Frankreich zurückzuerobern.
Werdet Männer und geizet nach dem Ruhme großer Feldherren und Helden!“
Wie herrlich erfüllten sich diese prophetischen Worte, als
König Wilhelm zu Versailles (prich: werßahjj zum Deutschen Kaiser
ausgerufen wurde!
In Küstrin traf der König mit seiner Familie zusammen und floh mit
ihr nach dem fernen Königsberg in Ostpreußen. Hier erkrankte die Königin
an einem Nervenfieber. Dennoch mußte mitten im Winter bei Schneegestöber
und eisiger Kälte die Flucht bis nach Memel, 236 km weiter, fortgesetzt
werden. Mit stiller Ergebung in Gottes Willen ertrug die königliche Dul—
derin die schweren Prüfungen; ihr Gottvertrauen hielt sie aufrecht.
Die Schlacht bei Friedland am 14. Juni 1807 entschied Preußens
Schicksal. Alles schien verloren. Der König und seine Generale erhofften
von einer Zusammenkunft der Königin mit Napoleon günstigere Friedens—
bedingungen. Die unglückliche Fürstin überwand sich selbst und versuchte
es, durch freundliches Entgegenkommen den Feind ihres Hauses und Landes
milder für Preußen zu stimmen. Vor der edlen Würde der Königin ver—
schwand zwar der Spott, mit dem Napoleon der Fürstin anfangs begegnete,
aber leider gelang es der hochherzigen Königin nicht, den harten Sinn des