Der peloponnefische Krieg. 431—404.
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Thukydides, der die in jenen Gewässern kreuzende Flotte befehligte,
konnte nur Eion retten; er wurde verbannt und lebte seitdem auf seinen
thrakischen Gütern, mit der Abfassung seines Geschichtswerkes beschäf¬
tigt. Für das nächste Jahr kam es zwischen den Parteien zu einem
Waffenstillstand. Aber seine Bestimmungen wurden nicht aus¬
geführt, und der Krieg brach von neuem aus. Kleon führte die Truppen
an, die nach der Chalkidike geschickt wurden. In der Schlacht b e i 422
Amphipolis wurde er besiegt und fiel; aber auch Brasidas kam um.
Jetzt gewann in Sparta wie in Athen die Friedenspartei die Oberhand,
und im 1.421 wurde auf der Grundlage des Besitzstandes vor dem
Kriege der „Friede des Nikias" geschlossen, der 50 Jahre^^des
dauern sollte. 421
§ 55. Unsicherer Friede. Zu einem wirklichen Friedenszustande
kam es nicht; die Bestimmungen des Friedens wurden teilweise nicht
ausgeführt. Dazu kam, daß Korinth, Theben und andere Staaten, die
mit den Ergebnissen des Krieges nicht zufrieden waren, Sparta gegen- ^uhen un
über eine so feindliche Haltung einnahmen, daß dieses sogar mit Athen Sparta
ein Bündnis schloß. Aber das Einvernehmen dauerte nicht lange. Der
Mann, der es sprengte, war A l k i b i a d e s , der Sohn des Kleinias,
der Perikles zum Vormund, Sokrates zum Lehrer gehabt hatte: vor-
nehm, reich, schön, im Umgang bezaubernd, eine vielseitige Persön¬
lichkeit, die sich in allen Lebenslagen zurechtfand, zugleich aber im
höchsten Grade selbstsüchtig, ehrgeizig, gewissenlos. Er wußte ein
Bündnis zwischen Athen und den Gegnern Spartas irrt Peloponnes, Athen im
Bunde mit
Argos, Ens und Mantinea, zustande zu bringen. Indessen stellte Argos »sw.
Sparta -im Jahre 418 durch den Sieg von Mantinea seine wankende
Herrschaft im Peloponnes wieder her. Zur Kriegserklärung kam es
nicht, doch blieb das Verhältnis zwischen Athen und Sparta gespannt.
§ 56. Die sizilische Unternehmung. Da trat von neuem an die 415 bis
Athener die Versuchung heran, ihr Reich nach Westen auszudehnen. 413
Sizilische Städte, namentlich das mit Seiinns und Syrakus im Streit
liegende E g e st a, baten um Hilfe. Das Volk, Eroberungen, Beute,
Handelsgewinn erhoffend, zudem von A l k i b i a d e s beeinflußt, der
von dieser Fahrt Ruhm und gewaltige Macht für sich selbst erwartete,
beschloß gegen Nikias' Rat die Unternehmung: nicht einen Hilfs- 415
zitg, sondern eine Heerfahrt zur Eroberung, trotz der drohenden Feinde
im Mutterlande, trotz der Ferne und Größe Siziliens, trotz der
Schwierigkeit, die Insel, wenn man sie wirklich gewann, auch zu be-