Geschichte der Babylonier und Assyrer.
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dorthin. Gegen das berstende Gebäude erfolgten auch erschütternde Stöße von
außen durch Wandervölker, erst die Kimmerier, eranische Jndogermanen
(678 und ca. 660), dann die Skythen, und durch Angriffe der Med er.
Vergeblich sandte Assurbanipal dem Könige Gyges von Lydien gegen die
Kimmerier Hilfe. Weder wurden diese völlig besiegt, noch jener zum treuen
Freunde des assyrischen Reiches gewonnen; im Gegenteil unterstützte derselbe
nachher Psammetich von Ägypten. Assurbanipals Tod gab das Zeichen zum
allgemeinen Abfall und Angriff. Kaum hatte Sara tu s (626) den Thron
bestiegen, da empörte sich Nabopolassar gegen ihn und machte sich in
Babylonien unabhängig. Die Weissagung (Hab. 1, 6): „Siehe, ich
erwecke die Chaldäer, das grimme und ungestüme Volk, das über die weite
Erde zieht, um in Hütten zu wohnen, die nicht sein sind", ging jetzt in Er-
füllung. Die Med er drangen in Assyrien ein; die Skythen überschwemmten
Vorderasien; Necho von Ägypten eroberte Syrien und Palästina; endlich ver-
band sich Nabopolassar (625—605), „der den Grund des Landes", d. h.
des neubabylonischen Reiches, legte, mit den Medern, deren König
damals wohl Kyaxares war, und eroberte nach längerer Belagerung Ninive,
dessen letzter Herrscher Sarakus in den Flammen seines Palastes den Tod
fand (606). Von der stolzen Stadt, aus der Jahrhunderte nach dem prun-
kenden Ausdrucke ihrer Gewalthaber „sturmflutartig" der Schrecken über die
Lande fuhr, blieben wie von den Nachbarstädten Kalach und Assur nur jene
mächtigen Trümmerhügel, die erst in unserem Jahrhundert wieder erschlossen
wurden. Als im Jahre 404 Xenophon mit seinen Zehntausend vorüberzog,
erfuhr er nicht einmal den Namen der untergegangenen Riesenstadt. Alexander
d. Gr. schlug hier die Entscheidungsschlacht gegen Darius ohne Ahnung,
welche Ereignisse sich dereinst hier abgespielt hatten.
c. Das neubabylonische Reich.
So reiche Aufschlüsse die Ausgrabungen für das altbabylonische und das
assyrische Reich gaben, so dürftige Nachrichten lieferten sie für das neubabylo-
nische. Über die Thaten seines großen Königs Nebukadnezar II. (604
bis 562) ist man im wesentlichen immer noch fast allein auf das Alte Testa-
ment angewiesen. Seine Kriege sind bereits in der ägyptischen Geschichte er-
wähnt. Es unterlagen dem Sieger (604 und 572, sowie 569) Ägypten,
das Reich Juda (587) und Tyrus, das zum Vasallenstaat erniedrigt ward
(573). Die Behandlung des jüdischen Königs Sedecias und Jerusalems
hat Nebukadnezars Charakter in ungünstigerem Lichte erscheinen lassen, als es
der Wahrheit entspricht. Man darf nicht außer acht lassen, daß die wieder-
holte Empörung, der hartnäckige Widerstand und wahnsinnige Fanatismus
der Juden den an sich zwar leidenschaftlichen, aber nicht unbarmherzigen und