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III. Württemberg als Herzogtum
herrschten mit vollkommenen Hoheitsrechten in Deutschland und ließen dem ge¬
meinsamen Oberhaupte nichts übrig als die Bestätigung gegenseitiger Vertrage,
Standeserhöhungen u. s. w. „Alle Größe im politischen Leben des deutschen
Volkes war erstickt; niemand fühlte sich als Glied eines großen Ganzen, für
welches man leben und sterben müsse." — Auch von den einst blühenden und
stolzen Reichstädten waren nur noch wenige in einer gedeihlichen Lage. Zwar
bestanden noch 51 reichsunmittelbare Städte, deren Abgeordneten ein besonderes
-Kollegium auf dem Reichstag bildeten. Aber sie hatten durch die verheerenden
Kriege des 17. Jahrhunderts von ihrer Bedeutung viel verloren. Sie waren in
ihrem Gebiete und in ihrer ökonomischen Lage heruntergekommen, ihr Handel
lag darnieder, und in ihrer Verwaltung und Rechtspflege standen sie hinter den
größeren und mittleren Staaten weit zurück. Das früher so blühende bürgerliche
Gewerbe war verfallen, der handwerktreibende Theil der Bevölkerung theilS in
eine tieft Erschlaffung geraden, theils durch eine verkehrte Zunftgesetzgebung ge¬
hindert, sich frei und selbständig zu entwickeln. So konnten die Reichstädte in
friedlichen Zeiten wohl fort vegetiren, aber dem Sturme nicht mehr trotzen, der
eine neue Weltepoche brachte. Weil sie von Gärungsstoffen am meisten an*
gefüllt waren, so erlagen sie auch am raschesten dem ersten Einflüsse der neuen Zeit1).
In den Fürstenthümern war die souveräne Gewalt „ein furchtbares
Spielwerk, ein schneidend Schwert in der Hand des KindeS, zum Ernst zu wenig,
zum Scherz zu viel." Das hatte leider auch Württemberg im 18. Jahrhun¬
dert zur Genüge erfahren müssen. Die Freiheiten waren untergegangen, die Rechte
zertreten; die Herrscher verlangten ungeheure Geldsummen, um sich mit Pracht
und einer Soldatenmacht zu umgeben, welche gegen äußere und innere Feinde
schützen sollte; in der Verwaltung der streng geregelte Gang der Maschine, alleS
in steife Formen gezwängt. Diesem düstern Bilde gegenüber steht das kräftig und
kühn aufstrebende Leben des VolkeS in Landwirthschaft, Handel und Industrie,
Künsten und Wissenschaften, das energische Ringen und Streben nach Freiheit
und ihrem heiligen Schutze.
Württemberg hatte am Ende der Regierung des Herzogs Karl einen
Flächeninhalt von beinahe 200 Duabratmeilen mit 640,000 Einwohnern, also
Baronen matcn Höflinge, aus den geharnischten Rittern feine Herren mit seidenen
Strumpfen und Galanteriedegen geworden. Durch die Laster, die der Adel in Paris
kennen lernte, tarnen viele Geschlechter auch körperlich zurück. Tille Kinder erbten gleich
und verarmten so durch Theilungeu. Zudem jagte alles nach höherem Range. Jeder
Bediente einer fürstlichen Maitresse, jeder Kuppler bei Hofe, bald auch jeder Hofjude
wollte Baron, jeder Bruder oder Mann einer Maitresie Graf, wo nicht Fürst werden.
So wurde Deutschland mit Herren-, Grasen- und Fürstengeschlechtern des neuesten und
dunkelsten Ursprungs überschwemmt. Dieser Adel nahm bei seiner ausschließlich sranzö-
fischen Bildung, bei dem hochgeschraubten Wesen der Höfe und bei dem Maugel an
echtem Verdienst eine unnatürliche Hoffart gegen die Niedern Stande an."
1) In Eßlingen (1701), Reutlingen (1726) nnd H all (1728) giengen dir
Reste alter Ersparnisse in zerstörenden Feuersbrünsten unter. In den schwäbischen Reich-
statten lag die Gewalt in den Händen einzelner Familien, die sich gegen jede Neuerung
sträubten, so daß Magistrat und Bürgerschaft meist in Hader lebten. In Eßlingen
that die Syndikatsdeputation sogar Schritte, um die Stadt, unter Verzicht auf die
Reichsnnmittelbarkeit. der württembergischen Regierung zu unterwerfen (1798). Unter
den wenigen Städten, die sich einer geordneten Verwaltung erfreuten, zeichnete steh haupt¬
sächlich Heilbronn aus.