Metadata: Kleines Lehrbuch der astronomischen Geographie

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man sie Mittagskreise oder Meridiane (meridies = Mittag) genannt. Weil 
man durch jeden Punkt der Erdoberfläche auch einen Meridian gelegt denken 
kann, so sind in der Idee unzählige Meridiane möglich. Denkt man sich durch 
jeden Gradpunkt des Aequators einen solchen Kreis gezogen, so erhält man 360 
Meridiane. Wegen der Abplattung der Erde sind sie nicht genau Halbkreise, 
sondern H al b ell ip s en, die aber doch nur wenig von einem Halbkreise ab¬ 
weichen. Jeder Meridian durchschneidet jeden Parallelkreis rechtwinklig in 
einem Punkte, und alle sind, die Erde als ein ideales Ellipsoid aufgefaßt, ein¬ 
ander gleich. Beide Systeme von Kreisen lassen auf der Erdoberfläche ein 
Netzwerk von sphärischen Vierecken entstehen, welches man das geographi¬ 
sche Gradnetz genannt hat. 
Mit Hilfe dieses Netzes ist man imstande, jeden Punkt der Erdoberfläche 
nach seiner Position genau zu bestimmen. 
3. Geographische Breite und Länge. Von den Parallelkreisen nimmt man 
den durch seine Größe vor allen ausgezeichneten Aequator als den Null-Parallel¬ 
kreis an und zählt von ihm aus nach 
jedem Pole 90° geogr. Breite. 
Unter der geogr. Breite eines Ortes 
versteht man also seine Entfernung 
vom Aequater oder, was dasselbe 
ist, auch den Winkel, den die Ver¬ 
tikallinie dieses Ortes mit der Ebene 
des Aequators bildet. Gemessen 
wird dieser Winkel durch den Bo¬ 
gen des durch den betreffenden Ort 
gehenden Meridians vom Aequator 
bis zum Orte. Natürlich müssen 
90° nördlicher und 90° südlicher 
Breite unterschieden werden. Fig. 
28. stellt das geogr. Gradnetz dar; 
in derselben haben die Oerter «, 
b, c, eine Breite von 50 und 40° ' 
nördlicher und 30° südlicher Breite. 
4. Geographische Länge. Durch 
geogr. Breite allein ist aber die 
Lage eines Ortes noch nicht ge¬ 
nau bestimmt, indem dadurch 
zwar der Parallelkreis, nicht aber 
der Punkt dieses Kreises bestimmt ist, auf welchem der Ort liegt. Um diesen 
Punkt zu fixieren, muß auch noch der Meridian angegeben werden, welcher 
den Ort durchschneidet. Zu dem Ende ist es aber nöthig, einen Anfangs- oder 
Null-Meridian auszuwählen, von dem aus man die Zählung beginnen will, 
da sich keiner durch seine Größe vor den andern auszeichnet. Diese Wahl 
ist verschieden ausgefallen. In Europa sind es namentlich drei Meridiane, die 
als Ausgangspunkte gewählt worden sind, und zwar der Meridian von Ferro 
besonders von den Deutschen, der von Greenwich von den Engländern, und 
der von Paris von den Franzosen. Unser Meridian von Ferro geht 23' 9" 
von der Ostspitze dieser Insel vorüber und hat insofern vor allen andern Null- 
Meridianen einen Vorzug, als ein Schnitt, durch ihn gelegt, die Erdkugel so 
günstig theilt, daß kein Erdtheil, mit alleiniger Ausnahme des nordöstlichsten 
Asiens (Tschuktschen - Halbinsel und Kamschatka), von ihm geschnitten wird. 
Die beiden durch ihn und seinen Gegenmeridian getrennten Halbkugeln werden 
in unsern deutschen Atlanten als östliche und westliche Hemisphäre 
unterschieden, wie sie die sogenannten Planigloben der Atlanten zeigen. Von 
Fiy. 28.
	        
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