Full text: Geschichte der neuesten Zeit (Teil 4)

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4. Einheitliche Hohl- und Flächenmatze hatte schon der Zollverein be- 
schlössen. Jetzt kam die Münzeinheit hinzu: ihre Grundlage ist die Gold- 
Währung; dem Alltagsoerkehr dient die Mark — Vs Taler oder Via süd¬ 
deutsche Gulden. 
Alle deutschen Stämme und Staaten verbindet ferner das deutsche 
Recht. Ein gemeinsames Handelsgesetzbuch besaß schon der Zollverein, 
und ein Oberhandelsgericht sprach in Leipzig im Namen des Norddeutscheu 
Bundes Recht. Nach jahrelangen, mühevollen Beratungen deutscher Rechts- 
gelehrter und des Reichskanzlers kam ein einheitliches Strafrecht und ein 
einheitliches Gerichtsverfahren zustande: das Oberhandelsgericht wurde zum 
Reichsgericht, zur obersten Instanz deutscher Rechtsprechung. Sein erster 
Präsident war Eduard Simson. Kaiser Wilhelm IL legte gleich im Be¬ 
ginn seiner Regierung feierlich den Grundstein zum Reichsgerichtsgebäude. 
Ein allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch konnte erst 1900 in Kraft 1900 
treten; das öffentliche und mündliche Verfahren des bürgerlichen Rechts- 
gangs hat seither auch im Militärprozeß Eingang gefunden. 
5. Die deutschen Eisenbahnen lagen zum größten Teil in den 
Händen von Privatgesellschaften, die sie nach den verschiedensten Grund- 
sätzen, aber immer zum Vorteil der Besitzer verwalteten. Bismarcks großer 
Gedanke, sämtliche deutschen Eisenbahnen für das Reich anzukaufen, scheiterte 
an dem Widerspruch des Bundesrats und des Reichstags. Dafür begann 
Preußen alsbald, die auf seinem Gebiet liegenden Bahnstrecken zu er- 
werben, und die andern Staaten folgten seinem Beispiel. Heute verfügen 
die deutschen Staaten über alle ihre großen Schienenwege und verwalten 
sie nach ihren Gesetzen und in gegenseitiger Vereinbarung zum Nutzen von 
Handel und Wandel, aber auch im Dienste des Vaterlandes: wieviel 
bedeutet nicht im Kriegsfall die Schnelligkeit der Truppenbewegungen, 
der leichte und sichere Nachschub von Ersatzmannschaften, von Mund- und 
Schießbedarf, von Ärzten und Krankenpflegern! Dazu aber ist eine ein- 
heitliche und übersichtliche Verwaltung der Eisenbahnen erforderlich. 
Sache des Reiches ist auch die Vertretung des Kaisers an aus- 
wärtigen Höfen durch Botschafter und Gesandte und der Schutz deutscher 
Reichsangehöriger durch Konsuln; Reichssache ist ferner das Deutsche 
(preußische) Heer, über dessen Stärke und Verwaltung Bundesrat und 
Reichstag mitsprechen, sowie Post und Telegraphie. 
6. Für die Ausführung der Gesetze und die Handhabung der Reichs- 
regierung ist allein der Reichskanzler verantwortlich, dem ein Reichs- 
Postmeister, ein Reichsjustizamt, ein Reichsschatzamt usw., neuerdings auch 
ein Kolonialamt, unter der Leitung von Staatssekretären zur Seite stehen. 
Die Kosten der Reichsregierung sollten durch die Überschüsse 
der Post- und Telegraphenverwaltung und durch indirekte Steuern gedeckt
	        
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