Schubert. I I51
dem dicken Forste, durch den es mußte, bald so weit zur Seite
ab, daß es am Ende in eine Grube siel, welche der Jäger
zum Wolfsfange gegraben hatte. Der Schreck war schon groß
genug für den Geiger, da er so ohne weiteres von der ebenen
Erde hinunter in die Tiefe fuhr, wurde aber, als er unten
auf etwas Lebendiges auffiel, das wild aufsprang, und als er
merkte, daß es ein Wolf sei, der ihn mit funkelnden Augen
ansah, noch größer. Der Mann hattt nichts in der Hand als
seine Geige, und in der Angst fängt er an, hier vor dem ge⸗
offneten Wolfsrachen alle seine Stücklein aufzugeigen, die
ihm aber diesmal s elber gar nicht lustig vorkamen.
Dem Wolf mußte aber diese Musik ganz besonders schön
und rührend vorkommen, denn das dumme Vieh fing an über⸗
laut zu heulen, was wohl, wie bei unsern musikalischen Hun⸗
den, wenn sie Sang und Klang hören, gesungen heißen sollte.
Die andern Wölfe draußen im Walde, da sie ihren Kameraden
drinnen in der Grube so singen hörten, stimmten auch mit ein,
und ihr Geheul kam manchmal so nahe, daß das Geigerlein,
an welchem kaum ein einziger Wolf satt geworden wäre, ge—
schweige deren zwei, jeden Augenblick fürchten mußte, es käme
noch ein anderer, auch wohl noch ein dritter und vierter Gast
zu seinem bißchen Fleisch in die Grube hinein. Unser Kapell⸗
meister in der Wüste guckte indes einmal übers andere in die
Höhe, ob's noch nicht Tag werden wollte, denn das Geigen
war ihm sein lebtag noch nicht so lang geworden und so ganz
sauer und niederträchtig vorgekommen, als da vor dem Wolfe,
und er hätte lieber Holz dafür hacken wollen zwanzig Jahre
lang alle Wochentage. Ehe aber der Morgen kam, waren schon
zwei Saiten an seiner Geige gerissen, und da es Tag wurde,
riß die dritte, und der Geiger spielte nun bloß noch auf der
vierten und letzten, und wäre die auch noch gerissen, so hätte
ihm der Wolf, der durch das viele Heulen die ganze Nacht
hindurch nur noch hungriger geworden war, keine Zeit mehr
gelassen zum Wiederaufziehen, sondern hätte ihn dabei auf⸗
gefressen.
Da kam zum Glück der alte Jobst, der Jäger, der den
Wolf schon von weitem singen, den Geiger aber in der Nähe