Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

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Zur Erweiterung: Preußen und Osterreich. 
5. Unter seine vornehmsten Pflichten rechnete Friedrich den Schutz 
seines Landes. Noch immer war Preußen, wie Friedrich Wilhelm 
geurteilt hatte, für einen kleinen Staat zu groß, für eins Großmacht zu 
klein. Unablässig übte daher der König seine Truppen ein, um sie und 
sich selbst zu Abwehr und Angriff immer geschickter zu machen. Jedes 
Frühjahr begannen die „Friedenslager" (Manöver), die dann in den Pro- 
vinzen der Reihe nach stattfanden. Am wehrhaftesten nannte Friedrich den 
Staat, worin jeder Bürger Soldat sei; menschenarme Länder müßten sich 
mit Werbungen Behelfen. Durch ganz Deutschland unterhielt er seine 
Werbeplätze; drei Viertel seines Heeres bestauben aus angeworbenen 
Ausländern, die man durch Fuchtelhiebe, Stockschläge, Krummschließen, 
Gassenlaufen in Zucht hielt; Ausreißer wurden nach einer Verordnung 
Friedrich Wilhelms I. „ohne Enad mit dem Strang vom Leben zum 
Tod gebracht". 
„Wirklich große Fürsten haben stets ihr eigen Ich vergessen, um nur 
an das Gemeinwohl zu denken, das heißt, sie haben jeber Voreingenommen- 
heit sorgsam sich entwöhnt, um ihre wahren Interessen um so mehr zu er¬ 
fassen": so schrieb Friedrich als Kronprinz. Das Wort: „Der Staat 
bin ich," hatte auch bei ihm Geltung, aber in umgekehrtem Sinn als 
bei Ludwig XIV. Im Gegensatz zum „König Sonne" erkannte Friedrich, 
daß das Wohl des Monarchen im Wohl des Volkes inbegriffen sei. Daher 
nennt man seine Regierungsform den „aufgeklärten Absolutismus". 
6. Friedrich der Große im Siebenjährigen Krieg. 
1. Seit dem Dresdner Frieden mußte Friedrich auf einen neuen Krieg 
gefaßt sein. Maria Theresia und ihr Kanzler Kaunitz dachten ihm das 
Schicksal Heinrichs des Löwen zu; die Kaiserin von Rußland aber, Peters 
des Großen jüngste Tochter Elisabeth, grollte ihm wegen wirklicher oder 
angeblicher Spottreden des Königs, die man ihr hinterbracht hatte. 
Rußland hatte mit England ein Bündnis geschlossen. Da vereinbarte 
Friedrich mit England einen Vertrag zu Westminster, um den russischen 
Bären an die Kette seines englischen Führers zu legen; ohne russische 
Hilfe, glaubte er, werde Österreich ihn nicht angreifen. Inzwischen aber 
hatte Kaunitz seine Herrin an den Gedanken gewöhnt, den alten Gegen¬ 
satz zwischen Frankreich und Habsburg zu überwinden. Eben damals 
führte Frankreich in Nordamerika und Indien gegen England einen 
Kolonialkrieg, und so schloß es gegen Friedrich als Englands Verbündeten 
mit Österreich zu Versailles ein Bündnis, dem auch Rußland beitrat. 
Friedrichs Gesandter richtete an die Kaiserin und ihren Kanzler zwei 
Anfragen über den Zweck der Rüstungen; er erhielt erst eine dunkle, 
dann eine unfreundliche Antwort: der Krieg stand also vor der Tür.
	        
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