Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

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Die Reformationszeit. 
liche und weltliche Dinge, und die Vauernsöhne, die als Landsknechte 
gedient hatten, schürten nach ihrer Heimkehr das Verlangen, all das 
„Schinden und Schätzen" abzuschütteln. 
3. Schon wiederholt hatte sich die oberdeutsche Bauernschaft gegen 
ihre Peiniger erhoben, ohne Erfolg. Jetzt gärte es zuerst auf öster¬ 
reichischem Boden am Oberrhein; dann breitete sich der Ausruhr 
über ganz Schwaben und Franken, vom Böhmer Walde bis zum 
Wasgau aus. In Thüringen stachelte ein ehemaliger Anhänger 
Luthers, der kleine, giftige Thomas Münzer, Bauern und Berg- 
leute auf, alle Fürsten totzuschlagen. „Laßt euer Schwert nicht kalt 
werden von Blut!" predigte er. Die schwäbischen Bauern führten 
auf bannergeschmücktem Wagen ihre zwölf Artikel mit, die ihre 
Forderungen enthielten: freie Wahl der Prediger, die das Evan¬ 
gelium rein nach der Schrift lehren sollten; Freiheit der Jagd, des 
Vogel- und Fischfangs; Abschaffung der Leibeigenschaft, der Fron¬ 
den, des Kleinen Zehntens und des Sterbfalles; aus dem Ertrag 
des Großen Zehntens sollten die Geistlichen besoldet, der Überschuß 
zunächst für die Armen verwendet werden. Jeden dieser Ansprüche 
leiteten sie aus der Bibel ab, bereit, ihn aufzugeben, wenn namentlich 
Dr. Luther ihnen einen Irrtum nachweise. Denn man wollte „nichts 
als die Gerechtigkeit Gottes". 
Luther antwortete alsbald. Furchtlos redete er den Fürsten und 
Herren ins Gewissen, die durch Mißachtung und Bedrückung den 
gemeinen Mann gereizt und ihm das reine Evangelium vorenthalten 
hätten, aber auch den Bauern, deren Auflehnung wider die Obrigkeit 
unchristlich sei. 
4. Zu spät. Schon lockten die Kaufmannsgüter in den Städten 
und die Klosterschätze die Begehrlichkeit. Hunderte von Klöstern und 
Burgen plünderten und zerstörten die Bauern: „Wir haben so lange 
hineingeführt, nun wollen wir auch herausführen." Als bei Weins- 
berg der „helle Haufen" vom Odenwald während der Unterhandlung 
überfallen und auf seinen Herold geschossen wurde, stürmte er am 
Osterfeste die Burg Weibertr eu und jagte siebzig Ritter nach 
Landsknechtsgebrauch in die Spieße. Und das alles! geschah im Namen 
des Evangeliums! 
Da forderte Luther in einer zornigen Schrift die Fürsten auf, 
„die raubischen und mordischen Bauern" totzuschlagen wie tolle Hunde. 
Das harte Wort fand alsbald willige Hände. Schlag auf Schlag
	        
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